Warum wir jetzt Masken tragen sollten

Foto: A, Schulte-Südhoff

Eine Stellungnahme von Prof. Dr. Jörg Hoffmann:

Die Welt ist ein kybernetisches System. Die Kybernetik ist die Lehre von den selbst regulierenden Systemen. Die Natur, die Menschheit, ja die Welt kann als riesiges selbst regulierendes System betrachtet werden. Alles ist in einem Gleichgewichtszustand und das System hat das Bestreben, Einflüsse von außen, die dieses Gleichgewicht stören, auszuregeln. Eine Störung kann beispielsweise. der rasante Anstieg der Weltbevölkerung sein (laut Wikipedia: 1804: 1 Milliarden, 1927: 2 Milliarden, 1960: 3 Milliarden, 1974: 4 Milliarden, 1987: 5 Milliarden, 1999: 6 Milliarden, 2011: 7 Milliarden, 2020: 7,79 Milliarden).

Vorgeschädigte Lungen ebnen den Weg

Dieser Zuwachs geht einher mit teils extremer Nähe der Menschen, hoher Mobilität und teilweise auch unhygienischen Verhältnissen. Dazu kommt oft durch Feinstaub belastete Luft. Viren haben es unter diesen Verhältnissen besonders leicht, sich zu verbreiten. Die Virologin Prof. Karin Möller betonte deshalb in einem Radio-Interview, dass partikelbeladene Luft, wie wir sie besonders in großen Städten und in Industriegebieten vorfinden, zu Schädigungen der Lunge führt und stellte die Frage nach der Virenbeladung der Partikel in der Luft (https://www.youtube.com/watch?v=VXiGWonSWw0). Im Zuge der Corona Pandemie kann das als Vorerkrankung gewertet werden.

Fehleinschätzungen zum Beginn der Pandemie

Momentan werden viele Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Pandemie zu verlangsamen, zum Beispiel durch Einschränkung der Mobilität. Das ist notwendig, damit die Fallzahlen über einen längeren Zeitraum gestreckt werden und das Gesundheitssystem nicht überfordert wird.
Eine wesentliche Maßnahme, die Übertragung zu verlangsamen, sind dabei Mund- und Nasenmasken. Meiner Meinung nach war es unverantwortlich, dass zu Beginn der Pandemie einige Experten erklärten, Masken würden nicht helfen. Das ist absolut falsch.

Aerosole haben eine große Reichweite

Die Partikelgröße von Viren liegt im Bereich von etwa 15 nm bis 440 nm (1 nm = 1 Millionstel Millimeter). Tröpfchen, die beim Sprechen, Husten oder Niesen entstehen, liegen im µm-Bereich (1 µm = 1 Tausendstel Millimeter), die größten Tröpfchen können über 100 µm liegen und können entsprechend viele Viren beinhalten. Besonders kleine Tröpfchen (< 5 µm) beinhalten relativ wenige Viren, halten sich jedoch lange in der Luft und können mit der Luftströmung verbreitet werden. Diese sogenannten Aerosole haben eine große Reichweite, auch weit über die viel zitierten 1,5 bis 2 Meter hinaus. Eine Maske filtert ein Spektrum von Partikelgrößen, weil sie verschieden große Poren hat. Generell gilt: Mit zunehmender Partikelgröße wird der Abscheidegrad, also der Prozentsatz im Filter verbleibender Partikel, größer. In welchem Partikelgrößenbereich die Abscheidegrenze liegt und wie steil sie verläuft, hängt von der Art des Filters und der Porengrößenverteilung ab. Der prinzipielle Verlauf des Abscheidegrades eines Filters ist im linken Bild zu sehen, im Vergleich zur Kennlinie eines Siebes (rechtes Bild).

Quelle: Prof.Hoffmann

Im Gegensatz zum Filter hat das Sieb eine einheitliche Poren- bzw. Lochgröße. Die Löcher sind allerdings nach kurzer Zeit von größeren Partikeln bedeckt und es gibt keine Durchlässigkeit mehr. Das Filter dagegen kann wegen seiner Porengrößenverteilung auch Partikel in der Tiefe aufnehmen und speichern. Allerdings gibt es hier keinen 100%-igen Schutz.

Prof. Dr. Hoffmann Foto: Die Linde

Nicht Infizierte schützen sich vor umherfliegenden Tröpfchen

Es wird immer Partikel geben, die das Filter passieren – mit zunehmender Größe in abnehmender Anzahl. Und was auch wichtig ist: Filter wirken in beide Richtungen. Es werden sowohl andere Menschen vor einem Infizierten geschützt als auch der nicht Infizierte schützt sich vor umherfliegenden Tröpfchen. Beides stellt wie gesagt keinen 100%-Schutz dar, reduziert aber ganz erheblich die Anzahl der Partikel und damit das Risiko. Teilweise werden im Handel auch Masken angeboten, die ein Ausblasventil haben, um das Ausatmen etwas zu erleichtern. Damit kann man sich beim Einatmen schützen, jedoch nicht andere Menschen vor einer eventuellen eigenen Infektion. In der gegenwärtigen Situation sind Masken besser, die sowohl beim Ein- als auch beim Ausatmen filtern.

Zusammenfassend mein Rat: Tragen Sie bei möglichen Sozialkontakten, z.B. beim unerlässlichen Einkauf, immer Masken. Und dabei ist alles besser als nichts!

Jörg M. Hoffmann (1959), Doktor der Ingenieurwissenschaften, Professor für Elektrische Messtechnik, Prozess- und Analysenmesstechnik. Schwerpunkt: Partikelmesstechnik.