Corona, das Klima und kein Ende des Schreckens

Foto: Die Linde

Corona ist nur der Anfang. Es kommt noch mehr und vielleicht noch Schlimmeres, warnen die Autoren des Davoser Weltwirtschaftsforums. Die Verfasser, darunter der führende deutsche Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber, sehen COVID-19 nur als erste Rechnung für die Zerstörung des Planeten. Dabei mahnen sie: „Wenn wir uns durch Krisen nur durchmogeln und dabei das gleiche Wirtschaftsmodell beibehalten, das uns hierhergebracht hat, werden zukünftige Schocks letztendlich die Reaktionsfähigkeit von Regierungen, Finanzinstituten und Krisenmanagern von Unternehmen übersteigen. In der Tat hat die ‚Coronacrisis‘ dies bereits getan“.

Die Pandemie sei ein Weckruf, um die Grenzen des Planeten nicht weiter zu überschreiten. Abholzung, Verlust der biologischen Vielfalt und Klimawandel erhöhten die Wahrscheinlichkeit von Pandemien. Die Entwaldung beispielsweise bringe wilde Tiere näher an die menschliche Bevölkerung heran und erhöhe die Wahrscheinlichkeit, dass sogenannte zoonotische Viren wie SARS-CoV-2 die Schranke zwischen den Arten übersprängen.

Prof. Schellnhuber Foto: Wikipedia

Der Klimawandel  ist auch ein Motor der Viruskrise

Gefördert werde dies darüber hinaus auch durch den Klimawandel. Die globale Erwärmung werde dazu beitragen, dass das Auftreten neuer Viren beschleunigt werde. Gut 70 Prozent der bisher bekannten Viren stammten aus dem Tierreich – und gingen erst später auf den Menschen über, erklärte Umweltministerin Schulze vor einigen Tagen. „Wenn unterschiedliche Tierarten und Menschen auf engstem Raum zusammenkommen, dann kann das eben besonders gefährlich werden“, beschreibt die Ministerin die Entstehung einer sogenannten Zoonose. Wir sollten genau hinschauen, wie wir mit der Natur umgehen. Unsere Lebensweise sorge nämlich dafür, dass das Biosystem aus dem Gleichgewicht komme: „Es geht darum, den Wildtieren künftig den Platz und die vielfältigen Ökosysteme zu geben, die sie brauchen, damit Mensch und Tier einen gesunden Abstand zueinander halten können“, so die Ministerin. Die sich langsam verbreitende Meinung, dass das Thema Umweltschutz in Zukunft eine untergeordnete Rolle spielen werde, ist damit sicher vom Tisch.

Wir haben unsere natürlichen Grenzen längst überschritten

Die Fachleute des Weltwirtschaftsforums werden in Sachen Virus und Umwelt deutlich: „Für politische Entscheidungsträger, die auf die aktuelle Krise reagieren, sollte das Ziel darin bestehen, den Lebensunterhalt der Bürger durch Investitionen in erneuerbare Energien anstelle fossiler Brennstoffe zu sichern. Jetzt ist es an der Zeit, die jährlich für Subventionen für fossile Brennstoffe ausgegebenen 5,2 Billionen US-Dollar auf umweltfreundliche Infrastruktur, Wiederaufforstung und Investitionen in eine kreisförmigere, gemeinsam genutzte, regenerative und kohlenstoffarme Wirtschaft umzuleiten.“ Und weiter: „Lassen Sie uns diesen Moment des Umbruchs als Gelegenheit nutzen, in Resilienz, gemeinsamen Wohlstand, Wohlbefinden und planetare Gesundheit zu investieren. Wir haben unsere natürlichen Grenzen längst überschritten; Es ist Zeit, etwas Neues auszuprobieren.“

Corona und die Folgen für das Klima

Aber natürlich gibt es da auch eine andere Seite: Die Coronavirus-Gesundheitskrise könne in der Tat in diesem Jahr zu einem Einbruch der globalen Kohlenstoffemissionen führen, aber der Ausbruch stelle eine Bedrohung für langfristige Klimaschutzmaßnahmen dar, indem Investitionen in saubere Energie untergraben würden, warnt die Internationale Energieagentur (IEA). Die Experten der IEA gehen davon aus, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19 das weltweite Wachstum der Ölnachfrage für das kommende Jahr zunichtemachen könnten, wodurch die Emissionen fossiler Brennstoffe, die zur Klimakrise beitragen, begrenzt würden.

Foto: iea.org

Fatih Birol, Exekutivdirektor der IEA, warnte jedoch davor, dass der Ausbruch auch eine Verlangsamung der weltweiten Energiewende bewirken könne, wenn die Regierungen nicht umweltfreundliche Investitionen einsetzten, um das Wirtschaftswachstum durch die globale Verlangsamung zu unterstützen. Den durch die Wirtschaftskrise verursachten wahrscheinlichen Rückgang der Emissionen, sollte man nicht überbewerten, da dieser Rückgang ohne die richtigen politischen (Maßnahmen) und strukturellen Maßnahmen nicht nachhaltig sein werde. „Das Virus hat die Befürchtungen einer globalen Wirtschaftsrezession geschürt und dazu beigetragen, einen der schärfsten Ölpreiseinbrüche der vergangenen 30 Jahren auszulösen. Die wirtschaftliche Ansteckung wird wahrscheinlich viele Infrastrukturprojekte zum Erliegen bringen, einschließlich der milliardenschweren Investitionen in saubere Energie, die erforderlich sind, um eine Klimakatastrophe bis zum Ende des Jahrzehnts abzuwenden“, stellt Birol klar. Was die hier möglichen negativen Auswirkungen sein könnten zeigt ein Bericht von Bloomberg New Energy Finance. Hier heißt es, dass das erste Mal seit den 1980er Jahren das Wachstum der Solarenergie weltweit sinken könne.

„Wir sollten nicht zulassen, dass die heutige Krise die Umstellung auf saubere Energie gefährdet“

Die Analysten haben in der vergangenen Woche ihre Prognosen für neue Solarstromprojekte um 8% gesenkt. Der Verkauf von Elektrofahrzeugen dürfte demnach ebenfalls ins Stocken geraten. „Wir sollten nicht zulassen, dass die heutige Krise die Umstellung auf saubere Energie gefährdet“, sagte Birol. Und er ermahnt die Regierungen weltweit und gibt ihnen mit auf den Weg: „Sie sollten die geplanten Konjunkturpakete nutzen, um den Ländern zu helfen, den Abschwung zu überstehen und um? in saubere Energietechnologien zu investieren. Wir haben ein wichtiges Zeitfenster. Große Volkswirtschaften auf der ganzen Welt bereiten Konjunkturpakete vor. Ein gut konzipiertes Konjunkturpaket könnte wirtschaftliche Vorteile bieten und einen Umsatz von Energiekapital ermöglichen, der enorme Vorteile für die Umstellung auf saubere Energie hat.“

o
o
o