In den vergangenen Jahrzehnten wurden die meisten Grünlandökosysteme in Mitteleuropa durch höhere Düngergaben und durch häufigeres Mähen oder Beweiden verändert. Diese Landnutzungs-Intensivierung hat dazu geführt, dass diese Ökosysteme mehr Futter produzieren. Allerdings ging dadurch die Diversität der Arten zurück. Sind damit auch Einschränkungen in den Ökosystemleistungen verbunden? Diese Fragen wollen nun Wissenschaftlerinnen aus Vegetationsökologie und Fernerkundung der Universität Bonn gemeinsam untersuchen.
Das neue Projekt startet seine Forschung in den „Biodiversitäts-Exploratorien“, einem innovativen Infrastruktur-Schwerpunktprogramm der DFG zur funktionellen Biodiversitätsforschung. „Dieser junge Forschungszweig innerhalb der Ökologie untersucht die Ursachen und funktionellen Konsequenzen von Veränderungen der Artenvielfalt“, sagt Privatdozentin Dr. Anja Linstädter vom Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn. Drei Exploratorien wurden im Jahr 2006 als großräumige Langzeituntersuchungsgebiete nördlich von Berlin, im Westen Thüringens und auf der Schwäbischen Alb eingerichtet, um den Einfluss unterschiedlich intensiver Landnutzung auf die Artenvielfalt systematisch zu untersuchen.
Dabei arbeiten Landwirte, Waldbauern und Wissenschaftler unterschiedlicher Fachdisziplinen eng zusammen. „Die Exploratorien bieten daher die europaweit einmalige Möglichkeit, auf real bewirtschafteten Flächen ein funktionales Verständnis zu Biodiversitätsveränderungen zu erlangen“, sagt Linstädter. Angesichts der alarmierenden Meldungen zum Verlust an Artenvielfalt in Deutschland sei eine solche Grundlagenforschung dringend notwendig.
Verknüpfungen von ökologischen mit Fernerkundungsdaten
„Anders als in den meisten bisherigen Grünlandstudien wollen wir nicht nur Punktinformationen auswerten, sondern Aussagen für managementrelevante Flächen treffen – also für Wiesen, Weiden, landwirtschaftliche Betriebe und sogar für ganze Landschaftsräume“, sagt Privatdozentin Dr. Olena Dubovyk vom Zentrum für Fernerkundung der Landoberfläche (ZFL) der Universität Bonn. Dazu sollen ökologische Daten, die auf den Grünland-Dauerflächen der Exploratorien erhoben werden, mit Fernerkundungsdaten verknüpft werden. Hier sind Drohnenbefliegungen und die Nutzung hochauflösender Satellitenbilder geplant.
SEBAS ist ein interdisziplinäres Projekt, in dem eine vegetationsökologische und eine Fernerkundungs-Arbeitsgruppe eng zusammenarbeiten. Dr. Anja Linstädter und Dr. Olena Dubovyk haben die Forschungsfragen und das Studiendesign gemeinsam entwickelt. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Folgen einer intensiveren Landnutzung für die Diversität der Pflanzen und für die Futterproduktion als essentielle Ökosystemleistung besser zu verstehen. Aufgrund seiner thematischen Nähe ist SEBAS auch Partnerprojekt des Exzellenzclusters PhenoRob an der Universität Bonn.
Die Kombination aus Vegetationsökologie und Fernerkundung ermöglicht es, Zusammenhänge zwischen der Landnutzung und den Veränderungen von Ökosystemprozessen und -leistungen auf verschiedenen räumlichen Skalen zu untersuchen. „Der integrierte Forschungsansatz und der Fokus auf verschiedene räumliche Skalen heben SEBAS klar von bisherigen Grasland-Forschungsprojekten ab“, sagt Dubovyk. Das Forscherteam plant eine Hochskalierung der Daten zur Grünland-Biodiversität bis auf die nationale oder sogar internationale Ebene. In Kombination mit angemessenen Überwachungsstrategien könnten auf diese Weise Gebiete identifiziert werden, in denen die biologische Vielfalt auf verschiedenen Maßstabsebenen bedroht ist.