Sisyphos und der „Tag der Artenvielfalt“

Foto: WWF /Regenwald in Dzanga Sangha, Zentralafrikanische Republik

Tag der Artenvielfalt: Am heutigen 22. Mai wird daran erinnert, dass der Schutz von Arten, Lebensräumen und genetischer Vielfalt weltweit viel stärkere Anstrengungen braucht. Die UN beschloss diesen Welttag im Jahr 2000 auf Basis einer Konvention zur biologischen Vielfalt. Doch trotz zahlreicher Bemühungen ist der weltweite Verlust der Biodiversität alarmierend, wie die UNESCO aufgrund zahlreicher Untersuchungen feststellt. Der 22. Mai soll, so die Weltorganisation weiter, daher jährlich daran erinnern, dass es unerlässlich ist, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um die Zerstörung der Natur aufzuhalten.

Zum Anlass des Welttages könnte über eine große Menge neuer Untersuchungen zum Thema berichtet werden, wie  „Die Linde“ dies in den vergangen Wochen ja auch gemacht hat. Auch macht es sicher Sinn die zahlreichen Aktivitäten von Organisationen, Behörden oder der Zivilgesellschaft zu präsentieren – wie wir dies auch in Zukunft weiter machen werden. Wir möchten heute aber zwei sehr unterschiedliche Aspekte im Kampf um die Biodiversität anführen: die oft apokalyptisch wirkende Klimafrage und einen persönlichen Aspekt, der allerdings die Ambivalenz menschlichen Verhaltens zeigt: Den Schmuggel von bedrohten Tierarten.

Zum Gesamtbild: Die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C hätte deutlich geringere negative Auswirkungen auf die Biodiversität der Insekten, Pflanzen und Wirbeltiere als eine Begrenzung auf 2 °C. Bei einem Temperaturanstieg von ‚nur’ 1,5 °C statt 2,0 °C würden 66 Prozent weniger Insektenarten und je 50 Prozent weniger Pflanzen- bzw. Wirbeltierarten mindestens die Hälfte ihres Verbreitungsgebietes verlieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Forschergruppe unter Leitung von Prof. Rachel Warren vom Tyndall Centre for Climate Change an der Universität von East Anglia.[1] Die Wissenschaftler betrachten auch, welche Folgen ein Temperaturanstieg um 3,2 °C hätte: Dieser wird momentan prognostiziert, wenn die Staaten ihre nationalen Selbstverpflichtungen bezüglich der Minderung der Emission von Treibhausgasen nicht erfüllen würden.

Die Forscher haben dazu 115.000 Landlebewesen und Pflanzen angesehen, darunter allein 34.000 Insektenarten und andere Wirbellose, die in bisherigen Untersuchungen unberücksichtigt blieben. Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass bei einem Anstieg um 3,2 °C 49 Prozent der Insektenarten, 44 Prozent der Pflanzen und 26 Prozent der Wirbeltiere mindestens die Hälfte ihres Verbreitungsraumes verlieren würden. Hier geht es allein um Klimawerte. All die anderen Biodiversitätskiller sind hier logischerweise nicht berücksichtigt.

Es gibt aber auch ganz andere Aspekte des Schutzes der Artenvielfalt: Die Arbeit des deutschen Zolls beispielsweise. Die Beamten tragen mit ihrer Arbeit zum Erhalt der vom Aussterben bedrohten Arten bei. Zum Schutz der Tiere und Pflanzen überwacht der Zoll die Einhaltung der gesetzlichen Ein- und Ausfuhrregelungen im internationalen Warenverkehr. Rund 5.600 Tierarten und 30.000 Pflanzenarten unterliegen diesem besonderen Schutz. [2] 

Artgeschützte Tiere und Pflanzen sowie daraus hergestellte Waren, die verbotswidrig ein- oder ausgeführt werden, werden von den Zollbehörden beschlagnahmt. Dabei ist es unerheblich, ob die Waren privat oder gewerblich im Reiseverkehr, im Postverkehr oder auf anderen Wegen transportiert werden. Im Jahr 2017 gab es 934 sogenannte Aufgriffe von artgeschützten Tieren und Pflanzen mit 45.134 beschlagnahmten Exemplaren. Das illegale Verbringen geschützter Tier- und Pflanzenarten erfolgt oft im Flugverkehr, wo sowohl im gewerblichen Bereich als auch im Reiseverkehr lebende und tote Tiere und Pflanzen als Urlaubssouvenirs nach Deutschland mitgebracht werden. Die exotischen Souvenirs, im Urlaubsland oft teuer erstanden, werden bei der Einreise in die Europäische Union zumindest weggenommen. Zusätzlich drohen oftmals empfindliche Strafen.

Eine weitere große Herausforderung im Rahmen des Artenschutzes ist die Überwachung des grenzüberschreitenden Postverkehrs, der durch den steigenden internationalen Internethandel stetig zunimmt. Seit Unterschutzstellung von Palisanderholz im Februar 2017 ist zum Beispiel aufgrund des Onlinehandels mit Musikinstrumenten eine Vielzahl von Beschlagnahmen zu verzeichnen. Weiterhin liegen aus Ländern wie Thailand typische Lederwaren wie Schuhe, Handtaschen, Geldbörsen und Gürtel aus Krokodil-/Alligatoren- oder Schlangenleder oder exotische lebende Pflanzen wie Orchideen oder Kakteen beim Online-Handel im Trend.

Albert Camus, * 7. November 1913 in Mondovi, Französisch-Nordafrika, heute Dréan, Algerien; † 4. Januar 1960 nahe Villeblevin, Frankreich) war ein französischer Schriftsteller und Philosoph.

Die Arbeit der Beamten erinnert angesichts der globalen Veränderungen an die Leiden des Sisyphos. Dabei liegt es nahe zum Ausklang den französischen Philosophen Albert Camus aus seiner Abhandlung  „Der Mythos des Sisyphos (französischer Originaltitel: Le mythe de Sisyphe) zu zitieren:  „Was bleibt, ist ein Schicksal, bei dem allein das Ende fatal ist. Abgesehen von dieser einzigen fatalen Unabwendbarkeit des Todes ist alles, sei es Freude oder Glück, nichts als Freiheit. Es bleibt eine Welt, in der der Mensch der einzige Herr ist.“

[1] http://science.sciencemag.org/content/360/6390/791.full

[2]https://www.artenschutz-online.de/artenschutz_im_urlaub/index.php