Klimaprofis „made in Hamburg

Foto: UHH/CEN/Ausserhofer
Klimaprofis „made in Hamburg: Sie stammen aus Indien oder Russland, Brasilien, Iran oder Deutschland. Und arbeiten nach dem Studium beispielsweise in Afrika, Amerika oder Europa: Klimaprofis „made in Hamburg“. Mehr als 200 haben in den vergangenen zehn Jahren an der Graduiertenschule SICSS der Universität Hamburg einen Klima-Master oder einen Doktortitel erworben – und anschließend erstaunliche Karrieren gemacht.

„Weltweit ist die SICSS ein Vorreiter in der Ausbildung interdisziplinär denkender Klimaprofis“, beschreibt Prof. Dr. Annette Eschenbach, akademische Leiterin der School of Integrated Climate System Science den Ansatz der Schule. „Seit unserer Gründung verknüpfen wir Disziplinen wie Meteorologie, Meeresforschung oder Biogeochemie mit wirtschafts- oder sozialwissenschaftlicher Klimaforschung. So machen wir die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von morgen fit, um den Klimawandel immer genauer vorauszusagen und sinnvolle Minderungs- oder Anpassungsstrategien zu entwickeln.“

In einem zweijährigen Masterstudiengang lernen die Studierenden der SICSS die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimasystems ebenso kennen wie soziale oder ökonomische Folgen von Klimaveränderungen. Die Promovierenden erforschen beispielsweise asiatische Monsunmuster, berechnen die Kosten erneuerbarer Energien oder untersuchen, wie Staaten sich bei schwierigen Verhandlungen zum Schutz des Weltklimas verhalten. Nach nur 3,5 Jahren erlangen sie im Durchschnitt ihren Doktorgrad – deutlich früher als im Bundesdurchschnitt.

Der starke Fokus auf die Klimawissenschaften in Hamburg spielt für viele „SICSS´ler“ bei der Wahl ihres Studienortes eine Rolle. Die Graduiertenschule ist Teil des Exzellenzclusters CliSAP (Integrated Climate System Analysis and Prediction), in dem neben der Universität auch das Max-Planck-Institut für Meteorologie, das Helmholtz-Zentrum Geesthacht und das Deutsche Klimarechenzentrum gemeinsam forschen.

In der Praxis bedeutet das für die Doktorandin Jana Hinners beispielsweise, dass sie mit Datensätzen des Helmholtz-Zentrums arbeiten kann oder regelmäßig Veranstaltungen des Hamburger KlimaCampus Kolloquiums besucht. „Hier in Hamburg bekomme ich Einblicke in die Vielfalt der Klimaforschung, wie sie in keiner anderen Stadt möglich wären“, sagt die Meeresbiologin, die zuvor in Berlin und im schwedischen Lund studiert hat.

Nach Abschluss ihrer Promotion möchte Hinners gerne in der Forschung bleiben – wie etwa die Hälfte aller SICSS-Absolventinnen und -Absolventen. Wer keine akademische Karriere anstrebt, findet Arbeit in der Wirtschaft, der Politik oder in internationalen Organisationen.

Daniele Vieira: Klimawandel und Bildung

„Ich wollte immer Professorin in Brasilien werden – und das klappt bestimmt auch noch! Zurzeit arbeite ich für die UNESCO im Bereich „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ und bin international viel unterwegs.

Die vier Jahre in der SICSS haben mich darauf bestens vorbereitet. Ich bin nach Hamburg gekommen, weil ich meine Doktorarbeit unbedingt in einem internationalen Umfeld und auf Englisch schreiben wollte – in einem Land, das in der Klimaforschung führend ist. Auch dieser ausgezeichnete Ruf Deutschlands öffnete mir später viele Türen.

So konnte ich mich hier mit international renommierten Forscherinnen und Forschern austauschen, auf Kongresse und Meetings reisen und bekam wertvolle Unterstützung, als es an die ersten Veröffentlichungen meiner Ergebnisse ging. Ich hätte meine Doktorandenzeit nicht besser nutzen können!“

Doktor in Sozialwissenschaften 2016 
Titel der Arbeit: Interorganisational Situated Learning in Brazil: An Analysis of the Diffusion of the Brazilian Flex-Fuel Vehicle Mitigation Technology

Ali Hoshyaripour: Aerosolforscher für Solaranlagen

„Grundlegende wissenschaftliche Fragen an einem anerkannten Institut erforschen, am liebsten mit Bezug zur Praxis, das war mein Ziel. Es hat sich voll erfüllt: Ich arbeite am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zum Einfluss von Staubteilchen und Vulkanasche, den so genannten natürlichen Aerosolen, auf das Wetter – und auf Solaranlagen.

Als Aerosolforscher konnte ich mich an der SICSS gezielt auf vulkanische Aerosole spezialisieren. Gleichzeitig war ich dicht dran an hochklassiger Forschung, die in den anderen Disziplinen stattfand. Physikerinnen, Ingenieure, Ökonominnen, Soziologen und Journalisten verfolgen hier ein gemeinsames Thema: den Klimawandel. Es war anfangs ganz schön schwer, sich untereinander zu verstehen, denn jede Disziplin hat ihre ganz eigene Fachsprache. Um uns effektiv auszutauschen, mussten wir weit über den eigenen Tellerrand blicken und eine neue Art von Kommunikation entwickeln – eine einzigartige Erfahrung für mich. Aber es hat sich gelohnt. Dieser Effekt der SICSS hat mir auf meinem Karriereweg besonders viele Brücken gebaut.“

Doktor in Geowissenschaften 2013, Fach: Geophysik
Titel der Arbeit: Modulation of ash iron solubility in volcanic eruption plumes

Armine Avagyan: Von Hamburg zur UN nach New York

“Die Erwartungen an meine Promotion in der SICSS haben sich definitiv erfüllt. Zurzeit arbeite ich bei den Vereinten Nationen (UN) als Beraterin für natürliche Ressourcen und Klimawandel der FAO, der Organisation für Ernährung und Landwirtschaft in New York. Durch die SICSS habe ich nicht nur einen starken klimawissenschaftlichen Background, ich kann aus wissenschaftlichen Erkenntnissen auch politische Maßnahmen entwickeln und in konkrete Projekte übersetzen.

Für diese Aufgabe hat die SICSS mich mit ihrem fächerübergreifenden Ansatz gut gerüstet: Wir haben den Klimawandel stets aus dem Blickwinkel unterschiedlicher Disziplinen betrachtet. In der Gruppe haben wir zum Beispiel diskutiert, wie meine Ergebnisse aus der Bodenkunde von Klimamodellierern, Ökonominnen oder Journalisten genutzt werden können. So bekam meine Forschungsfrage neue Perspektiven. Ich lernte, meine Arbeit vor ganz unterschiedlichem Publikum zu präsentieren – und in Dialog zu treten.“

Doktor in Geowissenschaften 2013, Fach: Bodenkunde
Titel der Arbeit: Spatial variability and seasonal dynamics of dissolved organic matter in surface and soil pore waters in mire-forest landscapes in the Komi Republic, Northwest-Russia