Höhere Temperaturen, weniger Wasser, mehr Kohlendioxid in der Luft – der Klimawandel bleibt nicht ohne Folgen, auch für Pflanzen: Wie wachsen sie unter den veränderten Bedingungen in Zukunft? Antworten darauf liefert die Umweltbeobachtungs- und Klimafolgenforschungsstation Linden (UKL) der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU): Seit 1998 läuft dort ein einzigartiges Freiland-Experiment, Free Air Carbon Dioxide Enrichment, kurz FACE, genannt. Dabei werden Pflanzen in mehreren Versuchsringen („FACE-Anlagen“) einer erhöhten CO2-Konzentration ausgesetzt, wie sie für Mitte dieses Jahrhunderts in unserer Umgebungsluft zu erwarten ist. So kann bereits jetzt beobachtet werden, wie die Pflanzen und andere Organismen im Grünland auf die fortschreitende Erhöhung der Treibhausgasemissionen reagieren. Der FACE-Versuch in Linden ist weltweit eines der am längsten laufenden Experimente der Klimafolgenforschung. Weil das Grünlandökosystem mehrere Jahre benötigt, um auf die veränderten Umweltbedingungen zu reagieren, ist eine langfristige Beobachtung auf diesem Gebiet besonders wichtig.
Deshalb haben das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) und das Institut für Pflanzenökologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) nun ihre Kooperation und damit die Arbeit auf der Umweltbeobachtungs- und Klimafolgenforschungsstation Linden unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Müller um weitere zehn Jahre verlängert. HLNUG-Präsident Prof. Dr. Thomas Schmid: „Der Klimawandel beeinflusst unsere Umwelt, das betrifft auch uns Menschen – unsere Lebensgrundlagen und Ernährungssicherheit. Um rechtzeitig kluge Anpassungsstrategien zu entwickeln, müssen wir in der Lage sein vorherzusagen, wie unsere Ökosysteme auf die veränderten Lebensbedingungen reagieren werden.“
JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee ergänzt: „Klimafolgenforschung ist Langzeitforschung, für die man auch in der Forschungsförderung einen langen Atem braucht. Wir sind daher dem Land Hessen und dem HLNUG für die kontinuierliche enge und erfolgreiche Zusammenarbeit sehr dankbar und freuen uns auf weitere zehn Jahre enger Kooperation. Ohne diese Unterstützung wären diese wichtigen Forschungsarbeiten in dieser Form nicht möglich.“
Klimafolgenforschung auf der UKL
Seit Anfang der 1990er-Jahre kooperieren das Institut für Pflanzenökologie der JLU und das HLNUG auf dem Gebiet der Klimafolgenforschung. Die CO2-Anreicherungsanlage in Linden bei Gießen ist seit 1998 in Betrieb und damit eine der weltweit am längsten laufenden Anlagen dieser Art. Im Jahr 2018 kam ein Kombinationsexperiment hinzu, das so genannte „Thermo-“ oder „T-FACE“, bei dem zusätzlich die Auswirkungen einer erhöhten Temperatur auf die Pflanzen untersucht werden. Ein weiteres Projekt untersucht, unter welchen Umweltbedingungen die Mikroorganismen im Boden des Grünlandes besonders viel klimaschädliches Lachgas produzieren.
Wichtigste bisherige Erkenntnisse
Die Erwartung, dass die Pflanzen auf den Versuchsflächen unter den erhöhten CO2-Konzentrationen besser wachsen, hat sich bestätigt. Allerdings verschlechtert sich auch ihre Qualität – sie enthalten zum Beispiel weniger Eiweiß. Kühe müssten also mehr Gras fressen, um die gleiche Menge Milch zu bilden. Dass der von manchen erhoffte „CO2-Düngeeffekt“ zu mehr Ertrag führt, steht also nicht zu erwarten – zumal auch das Grünland in Zukunft zunehmend von Hitze und Dürre betroffen sein wird. Grünland galt bisher als klimaneutral. Unter erhöhter CO2-Konzentration produzieren die im Boden lebenden Mikroorganismen aber auch vermehrt die Treibhausgase Lachgas und Methan – ein Rückkopplungseffekt, der die Klimaerwärmung noch weiter beschleunigen könnte.