Infolge des Klimawandels werden Getreidepflanzen längeren und häufigeren Dürrezeiten ausgesetzt sein. Wie gut sie diesen Stress überstehen, hängt von ihren Wechselwirkungen mit Wasser, Nährstoffen, Bakterien und Pilzen im Boden ab. Der neue, von der Universität Bayreuth koordinierte Forschungsverbund „RhizoTraits“ will der unterschiedlich ausgeprägten Widerstandsfähigkeit von Getreidesorten nun genauer auf den Grund gehen. Die Ergebnisse sollen in bioökonomische Konzepte zur Stärkung der Ernährungssicherheit einfließen.
Kooperationspartner im neuen Forschungsverbund sind die Technische Universität München, das Karlsruher Institut für Technologie und die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft. Der Name „RhizoTraits“ leitet sich her von der Rhizosphäre: In diesem Bereich des Erdbodens suchen die Pflanzenwurzeln nach Nährstoffen und Wasserreserven, hier stehen sie mit verschiedensten Mikroorganismen im Austausch.
„Diese unterirdischen Vorgänge sind der Schlüssel für die Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit von Getreidepflanzen im Klimawandel. Deshalb müssen wir mehr darüber wissen, welche speziellen Eigenschaften der Rhizosphäre den Pflanzen in Dürrezeiten nützen oder ihnen schaden. Auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Getreidesorten sind dabei zu berücksichtigen.
Nur so wird es gelingen, unsere landwirtschaftlichen Ökosysteme auf Dauer robuster zu machen“, erklärt Junior-Professorin Dr. Johanna Pausch, die Koordinatorin des Forschungsverbunds. Sie leitet die Arbeitsgruppe Agrarökologie an der Universität Bayreuth und ist Mitglied des Bayreuther Zentrums für Ökologie und Umweltforschung (BayCEER). Je genauer und umfassender die Wechselwirkungen in der Rhizosphäre aufgeklärt sind, desto zuverlässiger lassen sich Folgen des Klimawandels für die Landwirtschaft vorhersagen. Aber es geht den Forschungspartnern von „RhizoTrait“ nicht allein um Prognosen. Wichtiger sind landwirtschaftliche und ernährungspolitische Maßnahmen, die diesen absehbaren Folgen des Klimawandels zuvorkommen. „Auf der Grundlage der gemeinsamen Forschungsergebnisse wollen wir innovative Konzepte vorschlagen, die darauf abzielen, dass landwirtschaftliche Erträge trotz veränderter klimatischer Bedingungen mit dem Bedarf einer wachsenden Weltbevölkerung Schritt halten können. Diese Handlungsempfehlungen verstehen wir als Beitrag zu einer Bioökonomie, in der Nachhaltigkeit und Ernährungssicherheit eng verknüpft sind“, sagt Pausch.
Alte Nutzpflanzen: eine wertvolle Informationsquelle
Eine Besonderheit der geplanten Forschungsarbeiten liegt darin, dass auch alte, für die Landwirtschaft kaum noch relevante Nutzpflanzen in die Untersuchungen einbezogen werden. Die heute angebauten Getreidesorten sind größtenteils Züchtungen aus den letzten 50 Jahren. Dabei stand die Steigerung der Erträge im Vordergrund, eine ausreichende Wasser- und Nährstoffversorgung galt als gewährleistet. Die Frage, ob sich die Pflanzen an einen klimabedingten Mangel an Wasser und Nährstoffen anpassen können, blieb daher meistens außer Betracht. Im Zuge dieser Entwicklung könnten jedoch Gene verloren gegangen sein, die für die Widerstandsfähigkeit von Getreidepflanzen wichtig sind. Sie versetzen die Pflanzen in die Lage, die Verhältnisse im Boden zu ihrem eigenen Vorteil zu beeinflussen. So können die Wurzeln beispielsweise Substanzen absondern, welche die Ansiedlung von Pilzen und Bakterien in der unmittelbaren Nachbarschaft fördern. Symbiosen mit Pilzen, die Nährstoffe liefern, oder Symbiosen mit Bakterien, die Stickstoff aus der Luft binden können, machen die Pflanzen weniger anfällig für die Folgen von Dürre oder anderen Extremereignissen. An alten Nutzpflanzensorten lässt sich ablesen, ob die genetische Basis für einen derartigen Selbstschutz durch rein ertragsorientierte Züchtungen verändert wurde. Zudem enthalten sie möglicherweise weitere Hinweise darauf, welche Eigenschaften der Rhizosphäre die Stresstoleranz von Pflanzen stärken können.