Wie wir zu nachhaltigeren Produkten kommen

Vertreter des Zentrums Verbraucherforschung und nachhaltiger Konsum der Hochschule Pforzheim (vunk) sowie des Öko-Instituts haben im Auftrag des Umweltbundesamtes rechtspolitische Empfehlungen für eine nachhaltige Produktpolitik herausgegeben – damit Produkte nicht so schnell im Schrott landen.

Die Mindestlebensdauer von Produkten transparent machen, Käuferrechte stärken, Bedingungen für Reparaturen verbessern – diese und weitere Strategien für eine längere Haltbarkeit und Nutzung von Elektro- und Elektronikgeräten empfehlen das Öko-Institut und das Zentrum für Verbraucherforschung und nachhaltigen Konsum (vunk) der Hochschule Pforzheim. Die Vorschläge unterstützen die Ziele des European Green Deals sowie des Aktionsplans Circular Economy der Europäischen Kommission. Dabei gilt es, der vorzeitigen Obsoleszenz von Produkten – also, dass die Produkte vor der erwartbaren Lebensdauer ersetzt werden – entgegen zu wirken. Wie das gelingen kann, haben zahlreiche Arbeiten des Öko-Instituts wie auch des vunk Pforzheim gezeigt. Nun haben die Experten im Auftrag des Umweltbundesamtes weiterführende Vorschläge entwickelt.

Foto: HS Pforzheim

1. Mindestlebensdauer verbindlich angeben
So fordern die Autorinnen und Autoren, dass Hersteller die Mindestlebensdauer ihrer Produkte beim Kauf angeben müssen. Nur so könnten Verbraucherinnen und Verbraucher die Lebensdauer beim Kauf eines neuen Geräts überhaupt berücksichtigen. „Verschleißt ein Gerät früher als angegeben, könnten Käuferinnen und Käufer ihre Gewährleistungsrechte geltend machen – ein echter Anreiz für die Hersteller wirklich langlebige Produkte auf den Markt zu bringen“, sagt Professor Dr. Tobias Brönneke, Leiter des vunk Pforzheim.

2. Europäische Warenkaufrichtlinie in deutsches Recht umsetzen

Zugleich sollte die Bundesregierung die Rechte von Käuferinnen und Käufern bei der Überarbeitung des deutschen Kaufrechts stärken. Wegen der neuen europäischen Warenkaufrichtlinie muss dieses bis spätestens 2021 ohnehin reformiert werden. In diesem Zuge, so Öko-Institut und vunk Pforzheim, sollte die Gewährleistung bei defekten Produkten nicht länger auf zwei Jahre begrenzt, sondern an die erwartbaren Lebensdauern angepasst werden. Hier sind andere europäische Staaten wie die Niederlande, Schweden, Finnland und Norwegen bereits viel weiter als Deutschland.

Foto: vunk Pforzheim

Ambitionierte Umsetzung der Warenkaufrichtlinie anstreben

„Wenn Produkte insgesamt langlebiger sind, dürfen kaufrechtliche Ansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht schon verjährt sein, bevor man die Mangelhaftigkeit des Produkts überhaupt erkennen kann“, sagt Professor Dr. Rainer Gildeggen vom vunk Pforzheim. „Das stärkt sowohl den Verbraucherschutz und die Fairness im Kaufrecht als auch den nachhaltigen Konsum insgesamt.“ Zudem gilt derzeit, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher ein Produkt kaufen, nach sechs Monaten eine Beweislastumkehr. Das bedeutet, dass dann die Konsumentinnen und Konsumenten nachweisen müssen, dass das Produkt bei der Übergabe bzw. Lieferung mangelfrei war. Deutschland sollte hier – wie Frankreich und Portugal – eine ambitionierte Umsetzung der Warenkaufrichtlinie anstreben und die Frist auf zwei Jahr verlängern.

3. Rahmenbedingungen für Reparaturen verbessern

Zudem sollten die neuen Reparatur- und Ersatzteilanforderungen der EU-Ökodesign-Richtlinie nicht nur für die bislang beschriebenen fünf Produktgruppen, sondern für alle Elektro- und Elektronikgeräte gelten. Auch für diese müssten dann etwa Ersatzteile länger verfügbar und lieferbar sein. Auch sollten alle EU-Mitgliedstaaten ein unabhängiges Register für sogenannte „fachlich kompetente Reparateure“ einrichten. Dieses listet neben den Herstellerbetrieben auch unabhängige Reparaturbetriebe oder qualifizierte Repair-Cafés. „Ein solches Register kann dazu beitragen, dass Hersteller allen dort registrierten Akteuren Ersatzteile und Reparatur- und Wartungsinformationen unter gleichen Konditionen liefern müssen und nicht nur wie bislang ihren eigenen Markenfachbetrieben oder autorisierten Reparaturbetrieben“, erläutert Siddharth Prakash, Experte für nachhaltigen Konsum am Öko-Institut.

Zusammenfassend stellt Friedhelm Keimeyer, Rechtsexperte für Umwelt- und Energierecht am Öko-Institut fest: „Um eine längere Haltbarkeit von Elektro- und Elektronikgeräten zu erreichen, benötigen wir eine breit angelegte Strategie gegen Obsoleszenz, die auch rechtliche Instrumente auf nationaler und europäischer Ebene umfasst.“