Warum sind die Ställe eigentlich dreckig?

Ein Kalb nutzt eine spezielle Latrine und erhält dort auch direkt eine kleine Belohnung. Foto: FBN/nordlicht

Haustiere sind in der Regel stubenrein und selbst Schweine suchen (wenn möglich) eine abgelegene Stallecke für ihr Geschäft auf. Ganz anders sieht es bei den Kühen aus. Diese verrichten ihren „Toilettengang“ dort, wo sie sich gerade aufhalten. Das hat negativen Folgen für die Umwelt und die Tiere selbst. Die dabei entstehenden Ammoniakemissionen sind klimarelevant. Durch die Nutzung einer Latrine und die Trennung von Kot und Harn könnten sie aber deutlich vermindert werden. Ein verschmutzter Stall wirkt sich auch ungünstig auf die Klauen- und Eutergesundheit der Tiere aus und erhöht den Reinigungsaufwand erheblich. Eine erwachsene Milchkuh produziert pro Tag durchschnittlich 20 bis 30 Liter Urin und 30 bis 40 Kilogramm Kot.

Verhaltensforscher wollen Tierwohl und Stallhygiene verbessern

In einer aktuellen Studie kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass mithilfe assoziativer Lernmethoden wie der operanten Konditionierung ein erfolgreiches Latrinentraining bei Rindern möglich ist. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Neuroscience and Biobehavioral Reviews* veröffentlicht. Darin werden die neurophysiologischen Grundlagen des Ausscheidungsverhaltens bei Säugetieren und mögliche Lernprozesse, die speziell bei Rindern zu einer tierseitigen Kontrollierbarkeit ihres Verhaltens hinsichtlich der Nutzung einer Latrine im Stall erschlossen werden können, dargestellt. Es wurde der Schluss gezogen, dass auch Rinder über die Intelligenz und die neurophysiologischen Grundlagen verfügen, die ein Toilettentraining ermöglichen. Die praktische Umsetzung des Toilettentrainings wird zurzeit mit den Partnern aus Celle und Neuseeland in einem von der VolkswagenStiftung geförderten Verbundvorhaben am FBN untersucht.

Trainiert wird in eigens für Kälber errichteten Latrinen, die mit einem durchlässigen grünen Belag versehen sind, der gleichzeitig als Spritzschutz fungiert. Urinausscheidungen außerhalb der Latrine werden mit einer kurzen Dusche bestraft, wohingegen sie in der Latrine nach einer Urinausscheidung belohnt werden (s. Video).

„In einem ersten Schritt wollten wir untersuchen, inwieweit Kühe überhaupt auf ein kontrolliertes Ausscheidungsverhalten trainiert werden können“, sagte Dr. Jan Langbein, Projektleiter am FBN. „Das ist insgesamt ein sehr komplexer Vorgang. Diese Frage können wir aber inzwischen mit einem klaren Ja beantworten, das haben die aktuellen Experimente mit den Kälbern gezeigt. Dabei hat sich die Lernmethode der sogenannten operanten Konditionierung, die auf eine Belohnung bei gewünschtem Verhalten setzt, bewährt. Eine entscheidende Rolle wird die praxistaugliche Integration in den Stallalltag spielen.“

Hier steht der internationale Durchbruch noch aus, obwohl Wissenschaftler in Dänemark, England, Estland, Australien, Kanada und den Niederlanden daran seit längerem forschen. Deshalb wollen die Wissenschaftler aus Dummerstorf mit ihren Forscherkollegen in Celle und Neuseeland einen großen Schritt weiterkommen. „Wenn wir es wirklich schaffen, die Intelligenz der Tiere für eine Einrichtung von Kuhtoiletten in der Praxis zu nutzen, würden alle profitieren: Die Kühe, die Tierhalter und die Umwelt“, so Projektkoordinator Lars Schrader vom FLI.