Ende Oktober 2018 hinterließ das Sturmtief Vaia enorme Schäden in großen Teilen der Fichtenwälder im Alpen-Adria Raum. Etwa 5000 Hektar Waldfläche wurden in Südtirol zerstört. In der Provinz Belluno waren es rund 7000 Hektar, in Osttirol mehr als 2000 Hektar. Die Schneeschäden Ende 2019 trugen weiter dazu bei, in den fichtendominierten Wäldern des Dolomitilive-Gebietes ein ideales Habitat für einen der größten Widersacher der Forstwirtschaft zu schaffen: den Fichtenborkenkäfer, umgangssprachlich auch Buchdrucker genannt, der für seine Entwicklung physiologisch geschwächte Bäume benötigt. „Infolge der Massenvermehrung des Rindenbrüters können auch gesunde stehende Bäume befallen werden, was zu enormen ökonomischen und ökologischen Schäden führt“, sagt der Forscher Hannes Schuler von der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik der Freien Universität Bozen.
Um mehr Wissen und Werkzeuge zur Bekämpfung dieser aktuellen Bedrohung entwickeln zu können, wird der Forscher der unibz in den kommenden 18 Monaten mit Kollegen der BOKU Wien und der Universität Padua Borkenkäfer sammeln und genetisch analysieren, um ihre Verbreitungsdynamik in den von Sturm und Schnee geschädigten Wäldern besser zu verstehen. Co-finanziert wird die Forschung durch das Progamm Interreg V-A Italy-Austria 2014-2020 CLLD Dolomiti Live, das grenzüberschreitende Projekte im Dolomitengebiet von Pustertal, Osttirol und Belluno fördert. In Südtirol wir das Projekt zusätzlich von der Abteilung Forstwirtschaft als Projektpartner finanziert und unterstützt.
Den Fokus will das Forschungsteam auf Pilze und Bakterien legen, die mit dem Borkenkäfer-Befall in Zusammenhang stehen. „Holz selbst enthält nicht viele Nährstoffe, deshalb ernähren sich die Käfer vor allem von Pilzen, die Fichten besiedeln. Darüber hinaus scheinen auch Bakterien die Aggressivität der Käfer stark zu beeinflussen, da sie beispielsweise bei der Überwindung der Baumabwehr helfen“, erklärt Hannes Schuler. Zu solchen Dynamiken gäbe es bislang jedoch so gut wie keine Forschung. Eine Lücke, die man nun zumindest teilweise mit dem grenzüberschreitenden Projekt schließen will. In Zusammenarbeit mit lokalen Forststationen sollen dazu in je vier Lokalitäten pro Region Käfer direkt aus befallenen Stämmen abgesammelt werden, um anschließend deren DNA zu extrahieren. Insgesamt soll somit die Vielfalt der Bakterien- und Pilz-Gemeinschaften mehrere hunderte Käfer mittels einer DNA-Metabarcoding Analyse umfangreich charakterisiert werden.
Die Ergebnisse werden helfen, die Aggressivität und das Schadpotential des Fichtenborkenkäfers besser zu verstehen und so zu einer genaueren Vorhersage von Befall beitragen. „In weiterer Folge hoffen wir, mit den Daten zu einem effektiveren Management dieses Borkenkäfers beitragen zu können, da sie für ein genaueres Monitoring und detaillierte Entwicklungsprognosen verwendet werden können“, so Hannes Schuler.