Holz als Baumaterial hat noch viel Potenzial

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„Die Holzbauquote im Bereich Ein- und Zweifamilienhäuser ist gestiegen, und ich sehe eine Menge Potenzial auch im Bereich des mehrgeschossigen Holzbaus“, sagt Dr. Alexandra Purkus vom Thünen-Institut für Holzforschung in Hamburg. Sie ist Erstautorin des Thünen Reports 78, der die derzeitige Situation des Holzbaus in Deutschland umfassend beleuchtet. „Damit diese klimafreundliche Bauweise noch mehr Schub bekommt, müssen die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden“, ergänzt sie.

Die öffentliche Hand ist mit Abstand der größte Beschaffer in Deutschland. Sie hat damit nicht nur eine große Verantwortung, sondern auch eine Vorbildfunktion. Wie die Studie hervorhebt, bekommen die Klimawirkungen von Bauprojekten bei den Auftraggebern der öffentlichen Hand einen zunehmend großen Stellenwert. Dabei gelten Klimaschutzkonzepte vor allem auf kommunaler oder Landesebene als wichtige Treiber. Auch auf Bundesebene wachsen die Bestrebungen, bei eigenen Gebäuden der öffentlichen Vorbildfunktion gerecht zu werden. Das zeigt sich etwa in der Weiterentwicklung des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB).

Theorie und Praxis verzahnen

Unverzichtbar für die Koordinierung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und den Transfer von Wissen in die Praxis sind breit angelegte Initiativen wie der Dialogprozess zur Charta für Holz 2.0, bei dem Experten aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft in verschiedenen Arbeitsgruppen zusammenarbeiten.  Wie der Wissenstransfer in die Praxis gelingen kann, zeigt die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) initiierte deutschlandweite Seminarreihe „Holzbau im öffentlichen Raum“, die in Kooperation mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) zu Jahresbeginn startete. Entscheider und Akteure aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft haben dort die Möglichkeit, sich zu Fragen des Holzbaus und zu Praxislösungen auszutauschen.

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Rechtliche Vorgaben harmonisieren

Auch das Bauordnungsrecht kann zur weiteren Entwicklung des Holzbaus beitragen. Die Gesetzgebungskompetenz liegt hier bei den Ländern. Jedes Bundesland hat eine eigene Landesbauordnung, die sich zwar an einer bundesweiten Musterbauordnung orientiert, aber länderspezifische Regelungen aufweist und in unterschiedlichem Maße den aktuellen Stand der Technik einbezieht. Mehrere Bundesländer haben dies bereits als Hemmnis erkannt und Anpassungen im Landesbaurecht vorgenommen, andere ziehen nach. Die Arbeitsgruppe „Bauen mit Holz in Stadt und Land“ im Charta-Dialogprozess hat für diesen Harmonisierungsprozess wichtige Empfehlungen formuliert.

Ausbildung im Holzbau attraktiver machen

Eine weitere Herausforderung für den Holzbau – wie für das gesamte Handwerk – ist die Ausbildung von Fachkräften. Zwar ist die Zahl der Beschäftigten im Cluster Forst & Holz seit 2012 um 7,5 Prozent gestiegen, doch hängt die Situation bei den Auszubildenden stark vom jeweiligen Ausbildungsberuf ab. So gibt es für den Tischlerberuf deutschlandweit mehr Bewerber als Ausbildungsplätze, bei der Zimmerei hingegen ist die Situation regional verschie-den. Im Süden gibt es einen Bewerberüberhang, im Norden ist es umgekehrt. Um zukunftsfähig zu bleiben, muss die Branche kontinuierlich in die Mobilisierung junger Menschen investieren.

Evaluation der Charta für Holz 2.0

Das Thünen-Institut für Holzforschung begleitet und evaluiert den Charta-Prozess wissenschaftlich. Ziel ist es unter anderem, Lern- und Entscheidungsprozesse für die Gestaltung der Charta für Holz 2.0 zu unterstützen. Der jetzt erschienene Thünen Report 78 zur „Entwicklung der Rahmenbedingungen für das Bauen mit Holz in Deutschland“ gibt einen aktuellen Überblick über die gesamte Holzbaubranche. Befragt wurden dazu 21 Experten aus allen Bereichen des Holzbaus – von Architekten über Clustermanager und Hochschul-Professoren bis hin zu Länderreferenten für nachhaltiges Bauen sowie Wirtschafts- und Umweltschutzvertreter. Der Report ist online auf der Webseite des Thünen-Instituts, Rubrik Publikationen, sowie in der Mediathek auf der Charta-für-Holz-Webseite abrufbar.

Hintergrund: Die „Charta für Holz 2.0“ bildet den Rahmen für den verstärkten Einsatz von Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft zugunsten von Klimaschutz, Ressourcenschonung und Stärkung der ländlichen Räume sowie für den dauerhaften gesellschaftlichen Dialog zu diesen Themen. In den Charta-Dialogprozess eingebunden sind mehr als 100 Experten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Mit der Betreuung des Charta-Prozesses hat das BMEL seinen Projektträger, die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR), beauftragt.