Eine sozial-ökologische Transformation ist nötiger denn je

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Wie kann die Gestaltung einer sozial-ökologischen Zukunft gelingen, wenn dazu ein gemeinsames Handeln in der Gegenwart notwendig ist? Solange es so viele unterschiedliche, mitunter konkurrierende und gar unvereinbare Vorstellungen vom „richtigen“ Weg gibt, muss ein Richtungswechsel hin zu einer nachhaltigen Entwicklung als unwahrscheinlich angenommen werden. „Wir würden sogar von einem Kampf um die Deutungs- und Diskurshoheit bei der Frage nach dem richtigen Umgang mit der globalen Krise der gesellschaftlichen Naturverhältnisse und ihren bereits heute spürbaren Folgen sprechen“, schreiben die ISOE-Wissenschaftler in dem aktuellen GAIA-Artikel, „ein Kampf, der von der Erosion eines demokratischen Grundkonsenses begleitet wird.“

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Dass ein schnelles, konsequentes Handeln aber dringlich ist, zeigen die überwiegend düsteren Fakten zum Klimawandel, dem Verlust der Artenvielfalt oder der Übernutzung von Ressourcen. Alle Krisendiagnosen dieser Zeit, die zur Coronapandemie eingeschlossen, spiegeln ein krisenhaftes Verhältnis zwischen Gesellschaft und Natur wider. Die Autoren weisen darauf hin, dass in jeder Krise auch schon die Chancen zu ihrer Überwindung bereitliegen – vorausgesetzt, es gibt ein gemeinsames Verständnis von der Art und Weise, wie Zukunft gemeinschaftlich gestaltet werden kann. „Jeder Lösung komplexer Probleme muss eine Verständigung über Gestaltungsprozesse vorausgehen“, sagt Thomas Jahn, Sprecher der Institutsleitung des ISOE. „Das mag in der Theorie als selbstverständlich gelten. In der Praxis mangelt es aber an erfolgreichen Konzepten dafür, wie Gestaltung als ein bewusster Eingriff in bestehende Zusammenhänge von den kollektiven Vorstellungen davon, in welche Richtung die Veränderungen eigentlich gehen sollen, getragen werden kann.“

Einladung zum Diskurs: Gestaltungsprinzipien für die transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung

Die ISOE-Autoren plädieren für ein Verständnis von sozial-ökologischer Gestaltung im Anthropozän, dem „Zeitalter des Menschen“, und stellen sechs Gestaltungsprinzipien zur Diskussion. Dazu gehören Prinzipien für den Umgang mit Komplexität, für die Teilhabe der Akteure in einem demokratischen Gestaltungsprozess oder für die Stärkung der Widerstandsfähigkeit sozial-ökologischer Systeme gegenüber den Folgen von Umweltveränderungen wie etwa dem Klimawandel. Die Autoren weisen besonders darauf hin, dass für die Umsetzung erfolgreicher Gestaltungsprozesse eine methodisch gesicherte und damit transparente, transdisziplinäre Kooperation zwischen Wissenschaft und Gesellschaft notwendig ist.

Mit ihrem Diskussionsbeitrag richten sich die ISOE-Autoren zunächst an die transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung, die bei der Suche nach Antworten auf komplexe Fragen – etwa die nach einer tragfähigen Nutzung der Wasserressourcen oder dem Schutz der Artenvielfalt – auf das Wissen vieler setzt. Nicht nur die wissenschaftliche Expertise verschiedener Disziplinen, sondern auch das Erfahrungswissen betroffener Akteure wird in den Forschungsprozess integriert. In ihrem Artikel illustrieren sie an Anwendungsbeispielen aus der transdisziplinären Forschungspraxis, wie die Gestaltungsprinzipien wirksam werden können.