Fuchs, Kaninchen oder Dachs: Viele Menschen erfreuen sich an Wildtieren in ihrer Umgebung. Doch Wildtiere halten sich nicht immer an die Regeln und Vorstellungen ihrer menschlichen Nachbarinnen und Nachbarn, wodurch Konflikte programmiert sind. Geva Peerenboom, Fanny Betge, und Prof. Dr. Ilse Storch von der Professur für Wildtierökologie und Wildtiermanagement der Universität Freiburg haben gemeinsam mit Dr. Christof Janko vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg deshalb das Handbuch „Wildtiermanagement im Siedlungsraum“ erarbeitet. Dieses soll als Leitfaden für Personen, die sich mit dem Thema befassen, sowie Behörden in Stadt- und Landkreisen sowie Kommunen Baden-Württembergs dienen, um konfliktreichen Situationen zwischen Menschen und Tieren vorzubeugen oder diese abzumildern.
„In allen Gemeinden Baden-Württembergs machen Menschen direkte Erfahrungen mit Wildtieren, die allerdings nicht immer den Erwartungen entsprechen“, erklärt Peerenboom. Oft habe das Zusammentreffen von Mensch und Wildtier im Siedlungsraum negative Auswirkungen, seien es ökonomische, psychologische oder gesundheitliche: Wildtiere können Schäden an menschlichem Eigentum verursachen, wie das Wildschwein im Garten, die Nachtruhe der Menschen stören, wie der Marder im Dachstuhl, oder Krankheiten wie den Kleinen Fuchsbandwurm übertragen. „Und Menschen können, meist aus Unkenntnis, bei Wildtieren vermeidbare Leiden verursachen“, sagt die Freiburger Wissenschaftlerin. „Gleichzeitig erleben viele Menschen Wildtiere im Siedlungsraum als bereicherndes Naturerlebnis und erfreuen sich an den Tieren. Eine Vielfalt an Tierarten in urbanen Gebieten ist gesellschaftlich gewollt.“
Deshalb förderte das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg von 2010 bis 2020 das Projekt „Wildtiere im Siedlungsraum Baden-Württembergs“ der Albert-Ludwigs-Universität. Die Forschenden untersuchten zunächst die bereits existierenden Wildtiermanagementstrukturen im Siedlungsraum, sammelten Erfahrungen aus anderen Bundesländern und analysierten die Einstellungen und Erwartungen der Bevölkerung zu diesem Thema. Gemeinsam mit Akteurinnen und Akteuren aus Verwaltung, Jagd, Tierschutz, Artenschutz, Veterinärwesen und Wildtierforschung erarbeiteten sie darauf basierende Konzeptgrundlagen. Eine telefonische Umfrage zeigte den Bedarf: 97 Prozent der befragten Personen in Baden-Württemberg gaben an, Unterstützung im Umgang mit Wildtieren im Siedlungsraum zu benötigen. Gleichzeitig fühlten sich nur 55 Prozent der Befragten ausreichend von Behörden hinsichtlich der Thematik betreut. An diesem Punkt wollen die Freiburger Forschenden mit ihrem Handbuch ansetzen: Beteiligte Akteure sollen sich vernetzen und einen angepassten Managementprozess dort anstoßen, wo er notwendig ist.
Darüber hinaus finden sich für alle Interessierten auf dem Wildtierportal des Landes Baden-Württemberg ausführliche Steckbriefe zu Wildtieren sowie allgemeine Informationen mit Tipps für eine gute Nachbarschaft zwischen Mensch und Tier. Über die Plattform „Wilde Nachbarn Baden-Württemberg“ können Bürgerinnen und Bürger ihre Wildtierbeobachtungen eintragen und damit einen wertvollen Beitrag zur Wildtierforschung leisten.
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