Die aktuellen Reisebeschränkungen machen Destinationen an der Adria für viele zu unerreichbaren Sehnsuchtsorten. Mehr als Urlaubserinnerungen beschäftigen die EvolutionsbiologInnen Kristina Sefc und Stephan Koblmüller ihre Forschungsergebnisse aus der Region. Sie haben in den vergangenen Jahren Populationen einer kleinen, im seichten Felshabitat lebenden Fischart entlang der kroatischen Küste beprobt und durch genetische Analysen ihre Ausbreitungswege rekonstruiert.
„Man würde meinen, dass sich Organismen in den Weiten des Meeres ungehindert ausbreiten können. Tatsächlich gibt es aber im Wasser strukturelle Barrieren, vor allem in Form von Strömungen“, beschreibt Sefc. Welche Regionen zusammenhängen und wo die Durchmischung der Populationen beschränkt wird, haben die Grazer BiologInnen in ihrer Studie festgestellt. Viele kleine bodenorientierte Fischarten können nicht sehr weit schwimmen und sind daher außerordentlich standorttreu. Ihre Larven driften aber im Wasser zu neuen Lebensräumen. „Diese Durchmischung ist wichtig für die Erhaltung der genetischen Diversität und der Anpassungsfähigkeit. Sonst werden die Tiere empfindlich für Umweltveränderungen“, erklärt die Biologin. Vor Sibenik treffen jedoch zwei große Meeresströmungen aufeinander, die auch eine genetische Barriere bilden.
Proben und Simulationen
Die Grazer Wissenschafter haben an 25 Orten entlang der kroatischen Küste Proben des Spitzkopfschleimfisches entnommen – in so dichten Abständen wie noch nie bei einer marinen Populationsstudie – und herausgefunden, dass jeweils innerhalb der vier großen Adria-Strömungskreise ähnliches Erbgut vorhanden ist, wobei die Trennlinie bei Sibenik besonders scharf ist. Hier scheint es überhaupt keinen Austausch zu geben.
Simulationen haben ebenfalls gezeigt, dass driftende Partikel von den Strömungen geleitet werden, allerdings wäre mehr Durchmischung möglich, als die BiologInnen in den Fischpopulationen nachweisen konnten. „Für die klare genetische Grenze bei Sibenik, die sich auch in einer Studie mit Korallen gezeigt hat, muss es also noch weitere Ursachen geben“, ergänzt Sefc. Es könnte sein, dass die Fische aus der südlicheren Region schlechter an die Lebensbedingungen im Norden angepasst sind und deshalb dort nicht Fuß fassen können. Außerdem spielen eventuell die geografischen Verhältnisse eine Rolle: „In dieser Küstenregion gibt es keine vorgelagerten Inseln, und das Meer wird sofort tief, vielleicht ist das eine zusätzliche Barriere“, meint die Forscherin. Das Team hat auch eine verwandte Fischart, die etwas tiefer im Wasser lebt, untersucht: Diese zeigt keine Auftrennung entlang der Strömungsgrenzen.