Neues Verfahren gegen Mikroschadstoffe im Wasser

Forscher des KIT haben ein Filtrationssystem mit kleinsten Kohlenstoffpartikeln entwickelt, das Hormone aus Trinkwasser entfernen kann. (Foto: Sandra Göttisheim, KIT) Sandra Göttisheim, KIT

Weltweit belasten Mikroschadstoffe das Wasser. Dazu gehören Steroidhormone, für deren Beseitigung konventionelle Verfahren nicht ausreichen. Forscherinnen und Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben ein innovatives Filtrationssystem entwickelt, das eine Polymermembran mit aktiviertem Kohlenstoff kombiniert. In diesem System setzen sie besonders kleine Kohlenstoffpartikel ein, sodass sie den von der Europäische Kommission für Trinkwasser vorgeschlagenen Richtwert von einem Nanogramm Östradiol – dem physiologisch wirksamsten Östrogen – pro Liter erreichen. 

Weltweit belasten Mikroschadstoffe das Wasser. Dazu gehören Steroidhormone, für deren Beseitigung konventionelle Verfahren nicht ausreichen. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben ein innovatives Filtrationssystem entwickelt, das eine Polymermembran mit aktiviertem Kohlenstoff kombiniert. In diesem System setzen sie nun besonders kleine Kohlenstoffpartikel ein, sodass sie den von der Europäische Kommission für Trinkwasser vorgeschlagenen Richtwert von einem Nanogramm Östradiol – dem physiologisch wirksamsten Östrogen – pro Liter erreichen.

Andrea Iris Schäfer arbeitet an innovativen Technologien zur Wasseraufbereitung. (Foto: Sandra Göttisheim, KIT)

Die Menschen mit sauberem Wasser zu versorgen, gehört weltweit zu den größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Häufig ist das Trinkwasser mit Mikroschadstoffen belastet. Dazu gehören auch Steroidhormone, die beispielsweise als Arzneistoffe und Verhütungsmittel eingesetzt werden. Ihr Anteil in einem Liter Wasser, in das behandelte Abwässer eingeleitet werden, beträgt zwar nur einige Nanogramm, aber bereits in dieser geringen Menge können sie der menschlichen Gesundheit schaden und sich auf die Umwelt auswirken. Wegen der niedrigen Konzentration und der winzigen Größe der Moleküle sind die Steroidhormone nicht nur schwer nachzuweisen, sondern auch schwierig zu beseitigen – konventionelle Klärtechniken reichen dazu nicht aus.Richtwert der Europäischen Kommission wird erreicht

Ein innovatives Verfahren zur schnellen und energieeffizienten Eliminierung von Steroidhormonen aus dem Abwasser hat am KIT Professorin Andrea Iris Schäfer, Leiterin des Institute for Advanced Membrane Technology (IAMT), mit ihrem Team entwickelt. Ihre Technologie verbindet eine Polymermembran mit aktiviertem Kohlenstoff. „Zunächst wird das Wasser durch die semipermeable Membran gepresst. Diese filtert größere Verunreinigungen und Mikroorganismen heraus“, erklärt Schäfer. „Dann fließt das Wasser durch die dahinter liegende Schicht aus Kohlenstoffpartikeln, welche die Hormonmoleküle binden.“ Am IAMT haben Forschende dieses Verfahren nun zusammen mit dem Filterhersteller Blücher GmbH in Erkrath weiterentwickelt und verbessert. Kolleginnen und Kollegen am Institut für Funktionelle Grenzfläche (IFG), am Institut für Angewandte Materialien (IAM) und an der Karlsruhe Nano Micro Facility (KNMF) des KIT haben die Weiterentwicklung durch Materialcharakterisierung unterstützt. Darüber berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Zeitschrift Water Research. „Unsere Technologie ermöglicht es nun, den von der Europäischen Kommission für Trinkwasser vorgeschlagenen Richtwert von einem Nanogramm Östradiol pro Liter zu erreichen“, berichtet die Verfahrenstechnik-Professorin Schäfer.

Auf Partikelgröße und Sauerstoffgehalt kommt es an

Die Wissenschaftler untersuchten die Vorgänge an der Aktivkohleschicht genauer und verwendeten modifizierte Kohlenstoffpartikel (polymer-based spherical activated carbon – PBSAC). „Auf den Durchmesser der Kohlenstoffpartikel kommt es an“, erläutert Matteo Tagliavini vom IAMT, Erstautor der aktuellen Publikation. „Je kleiner der Partikeldurchmesser, desto größer die äußere Oberfläche der Aktivkohleschicht, die für die Adsorption der Hormonmoleküle verfügbar ist.“ Die Forscher verkleinerten in einer zwei Millimeter dicken Aktivkohleschicht den Partikeldurchmesser von 640 auf 80 Mikrometer und entfernten damit 96 Prozent des im Wasser enthaltenen Östradiols, des physiologisch wirksamsten Östrogens. Durch Erhöhen des Sauerstoffgehalts in der Aktivkohle gelang es, die Adsorptionskinetik noch weiter zu verbessern und mehr als 99 Prozent des Östradiols zu entfernen. „Das Verfahren erlaubt einen hohen Wasserdurchfluss bei niedrigem Druck, arbeitet energieeffizient, filtert viele Moleküle heraus, erzeugt keine schädlichen Beiprodukte und lässt sich flexibel in Vorrichtungen verschiedener Größe einsetzen – vom heimischen Wasserhahn bis hin zu Industrieanlagen“, so Schäfer.