Bhutan, das kleine Königreich im Osten des Himalaya, ist vor allem auf Grund seiner einzigartigen Philosophie des Bruttonationalglücks bekannt. Internationale Aufmerksamkeit hat es aber auch mit seiner Ankündigung im Jahr 2012 erhalten, bis 2020 als erstes Land weltweit auf 100 Prozent ökologische Landwirtschaft umstellen zu wollen. Mit diesem politischen Ziel hat sich ein Forschungsteam der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) befasst. Die Studie ist jetzt in der Fachzeitschrift PLOS ONE erschienen.
In dem sehr bergigen Land machen Kleinbauern über die Hälfte der Bevölkerung aus, von denen die Mehrzahl bereits heute Ackerbau ohne den Einsatz von Agrarchemikalien betreibt. „Dennoch würde ein Verbot von chemischen Düngern und Pflanzenschutzmitteln immerhin jeden dritten Bauer betreffen“, so Agrarökonom Arndt Feuerbacher, Erstautor der Studie. „Dies würde für konventionelle Bauern Ertragseinbußen von durchschnittlich 24 Prozent bedeuten und besonders den Anbau von Reis und Kartoffeln betreffen.“ Den Ergebnissen der Studie zufolge würde eine Umstellung die landwirtschaftliche Produktion um circa 15 Prozent verringern.
Dies wäre nicht nur dem geringeren Ertrag, sondern auch einem erhöhten Arbeitsaufwand wie beispielsweise für mechanische Unkrautbekämpfung geschuldet. Den ökologischen Nutzen des 100-Prozent-Ziels konnten die Autoren nicht ermitteln, sie schätzen diesen aber auf Grund der bereits heute sehr geringen Anwendung von Agrarchemikalien als relativ gering ein. Der Produktionsrückgang würde die Abhängigkeit Bhutans von Nahrungsmittelimporten aus Indien erhöhen.
Wangdue, Buthan. Foto: Arndt Feuerbach
„Die gute Anbindung an den indischen Markt macht die Umstellung auf 100 Prozent Ökolandwirtschaft aus gesamtwirtschaftlicher Sicht gut möglich“, sagt Prof. Dr. Harald Grethe, Mitautor und Professor für Internationalen Agrarhandel und Entwicklung an der HU und ergänzt: „Sie würde aber im Widerspruch zu anderen Politikzielen Bhutans stehen – wie etwa der Erhöhung der Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln aufgrund politischer Abhängigkeiten.“
Wissen und Praktiken über Ökolandbau bisher gering
Die Autoren betonen in ihrer Studie, dass die bisherigen Ökolandbaupraktiken der meisten bhutanesischen Bauern unzureichend entwickelt sind, und die Regierung hierfür mehr Unterstützung leisten sollte. Sabine Zikeli, Co-Autorin und Geschäftsführerin des Zentrums Ökologischer Landbau der Universität Hohenheim, erläutert: „Dies ist vor allem für die Bodenfruchtbarkeit wichtig, da bisher nur geringe Mengen an Wirtschaftsdünger von Rindern eingesetzt werden und die Praxis der Gründüngungen sowie des Leguminosenanbaus zur Stickstoffversorgung in den Fruchtfolgen kaum berücksichtigt werden.“
Zudem hat Bhutan bisher noch keinen Absatzmarkt für seine Ökoprodukte etablieren können, was insbesondere für die landwirtschaftlichen Exportgüter relevant wäre. Viel verspricht sich das Land auch von der Auswirkung des 100-Prozent-Ziels auf den Tourismus. Schließlich passt eine gänzlich ökologische Landwirtschaft sehr gut zum Bild des buddhistisch geprägten und umweltbewussten Landes. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Dies ist auch der Regierung bewusst, und sie erwägt daher schon, die Zielerreichung von 2020 auf das Jahr 2030 zu verschieben.