Eine zunehmend intensivierte, strukturarme Landwirtschaft dehnt sich in tropische Regenwälder aus und gefährdet so die biologische Vielfalt und den Klimaschutz. Naturschutz in die Landwirtschaft einzubeziehen, ist daher von größter Bedeutung. Agroforstsysteme, bei denen Bäume mit Nutzpflanzen oder Viehhaltung in einem „Landschaftsansatz“ kombiniert werden, haben großes Potenzial, Ziele des Naturschutzes in landwirtschaftliche Systeme zu integrieren: Forscher unter Leitung der Universität Göttingen und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung Leipzig haben gezeigt, welche Anreizsysteme diese Agroforstsysteme und somit Naturschutz in Agrarflächen in tropischen Entwicklungsländern fördern können.
Eine zentrale Herausforderung bei der Umsetzung von Agroforstsystemen besteht darin, dass politische Prozesse um Biodiversität und Nachhaltigkeit häufig von Landwirten und lokalen Akteuren, die für die Pflege der Bäume verantwortlich sind, weitgehend abgekoppelt sind. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führten in den vier Ländern Peru, Honduras, Uganda und Indonesien Untersuchungen auf nationaler, subnationaler und lokaler Ebene mittels Fokusgruppen durch. In allen Fallstudien wurden bestehende Netzwerke der Agroforstwirtschaft und die Interaktionen zwischen den verschiedenen Gruppen in Bezug auf Informationsaustausch, Finanzflüsse und Regulierungen quantitativ und qualitativ analysiert. „Wir stellten fest, dass alle Gruppen eine Verbindung zu Bäumen haben, und Beteiligte können so gleichzeitig institutionelle und ideologische Barrieren zu integrativem Naturschutz überwinden“, sagt Dr. Yves Zinngrebe, Hauptautor und Forscher an der Universität Göttingen sowie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig. „Wir kamen zu dem Schluss, dass ein wichtiger politischer Schritt darin bestehen würde, die bestehenden Governance- und Finanzierungsinstrumente in Richtung einer Unterstützung der Agroforstwirtschaft umzuwandeln.“
Akzeptanz und Verantwortlichkeit für nachhaltige Landwirtschaft erhöhen
Drei zentrale Ansatzpunkte könnten laut Team eine transformative Governance von Agrarlandschaften fördern: Erstens muss die Wahrnehmung dessen, was „gute Landwirtschaft“ ist, die Agroforstwirtschaft einschließen. Dies würden die Akzeptanz und Verantwortlichkeit für nachhaltige Landwirtschaft erhöhen. Viehzüchter in Honduras, die es gewohnt waren, Weiden und offenes Land zu „säubern“, waren angesichts des Klimawandels und der Dürre daran interessiert, Bäume zur Regulierung von Ökosystemleistungen einzusetzen. Universitäten, Forschungszentren, Nichtregierungsorganisationen und land- und forstwirtschaftliche Beratungsdienste können Kapazitäten aufbauen und von der Agroforstwirtschaft erbrachte Ökosystemleistungen wie Schatten, Windbruch, Obst und Holz besser demonstrieren.
Agroforstsysteme unterstützen und in lokale Regierungsstrukturen einbinden
Zweitens erfordert die Umsetzung agroforstspezifischer Instrumente ergänzende Strukturen für Regulierung, Finanzierung und Information. Private Initiativen sowie lokale Kreditprogramme unterstützen die Landwirtschaft, stellen aber der Agroforstwirtschaft erhebliche Hürden in den Weg. Stattdessen müssen vorhandenes technologisches Wissen, Finanzierungsmöglichkeiten und rechtliche Rahmenbedingungen Agroforstsysteme unterstützen und in lokale Regierungsstrukturen eingebunden werden.
Den Anforderungen der Märkte und Kreditinstitute entsprechen
Drittens müssen die verschiedenen Gruppen in adaptiven Lernprozessen Lösungen für ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen entwickeln. Die Entscheidungen der Landwirte werden nicht nur durch Beratungsdienste beeinflusst, sondern müssen auch den Anforderungen der Märkte und Kreditinstitute entsprechen. „Bestehende Plattformen und Kooperationsprogramme sollten kontinuierlich genutzt und unterstützt werden, um sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Bemühungen um gemeinsame Umsetzung und institutionelles Lernen mit einer klaren Vision und einem klaren Mandat für die Agroforstwirtschaft zu koordinieren“, so Zinngrebe.