Netzeigenschaften von Windenergieanlagen optimieren

Luftbild DyNaLab und Prüfstand „HiL-GridCoP“ Peter Sondermann

Für den Ausbau von Prüfinfrastruktur elektrischer Systeme werden mehr als 30 Mio. investiert. Das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES nimmt in einer ersten Ausbaustufe einen neuen Prüfstand im Rahmen des Projekts „HiL-GridCoP“ mit dem Oberbürgermeister der Stadt Bremerhaven Melf Grantz, Timo Haase vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie den Projektpartnern Vestas Nacelles Deutschland GmbH und Nordex Energy GmbH offiziell in Bremerhaven in Betrieb. In der neu errichteten Halle werden künftig Umrichter-Generatorsysteme für multi-Megawatt Windenergieanlagen auf ihre elektrische Netzverträglichkeit hin geprüft. In zwei weiteren Ausbauschritten erweitert das Fraunhofer IWES Prüfkapazitäten für elektrische Systeme von Windenergieanlagen und anderer Energieerzeugungsanlagen. Für den Ausbau der Prüfinfrastruktur in Bremerhaven werden insgesamt mehr als 30 Mio. Euro investiert.

Netzbetreiber stellen an eine Windenergieanlage generell hohe und zukünftig weiter steigende Ansprüche für den Anschluss an das öffentliche Stromnetz, die in umfangreichen Tests überprüft werden müssen. Mit Prüfständen lassen sich reproduzierbare Laborbedingungen für realitätsnahe Validierungstests schaffen. Damit werden zum einen Kosten und der zeitliche Aufwand reduziert, da die Prüfung unabhängig vom Wind und nur an dem relevanten Teilsystem der Anlage erfolgen kann. Zum anderen ergeben sich tiefere und zukunftssichere Testmöglichkeiten durch mehr technische Freiheitsgrade am Prüfstand. Der Nachweis elektrischer Eigenschaften neuer Windenergieanlagen erfolgte bislang ausschließlich im Feld. Im Rahmen des Projektes „HiL-GridCoP“, kurz für „Hardware-in-the-Loop-Prüfung der elektrischen Netzverträglichkeit von multi-Megawatt Windenergieanlagen mit schnelllaufenden Generatorsystemen“, wurde eine Prüfmethodik entwickelt, um die elektrische Zertifizierung im Labor an einem Minimalsystem, jedoch nicht der gesamten Windenergieanlage, durchzuführen. Durch die automatisierte Testdurchführung und den deutlich reduzierten logistischen Aufwand verspricht dieses Verfahren reduzierte Kosten sowie kürzere und besser planbare Markteinführungszeiten für Hersteller von Windenergieanlagen.

Offizielle Eröffnung Prüfstand „HiL-GridCoP“ in Bremerhaven von links: Oberbürgermeister Melf Grantz, Stadt Bremerhaven, Timo Haase, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und Prof. Andreas Reuter, Fraunhofer IWES, Martina Buchholz

Gemeinsam mit national und international agierenden Windenergieanlagen-Herstellern arbeiten Wissenschaftler des Fraunhofer IWES in dem Projekt. „Das neue Prüfverfahren bietet eine schnelle und kostengünstige Durchführung von Versuchen, um die elektrischen Eigenschaften von Windenergieanlagen nachzuweisen“, sagt Christian Fenselau, Chief Specialist Test & Validation, Vestas Nacelles Deutschland GmbH.

“Der prüfstandsbasierte Nachweis der elektrischen Netzeigenschaften von Windkraftanlagen ist ein Schlüssel für Windkraftanlagenhersteller den steigenden Marktanforderungen an kürzere Entwicklungszeiten und höhere Variantenvielfalt gerecht zu werden. Wir hoffen mit dem Projekt einen signifikanten Beitrag zu leisten, dass Prüfstandsergebnisse durch Zertifizierungsrichtlinien akzeptiert werden. Darüber hinaus werden sich die Anforderungen aus Netzanschlussregelungen (kurz Grid-Code) auch künftig verschärfen, so dass einige Eigenschaften von Windenergieanlagen im Feld nicht nachweisbar sein werden. Damit erhalten zukünftig Testverfahren für die elektrischen Eigenschaften auf Prüfständen eine noch höhere Relevanz”, ist sich Dr. Christian Wessels, Director Electrical Engineering, Nordex Energy GmbH, sicher.

Das Projekt „HiL-GridCoP“ wird vom BMWi mit insgesamt 8,9 Mio. Euro gefördert. Der erforderliche Neubau und die Anbindung an die bestehende Infrastruktur des Gondelprüfstands Dynamic Nacelle Testing Laboratory (DyNaLab) wurden gemeinsam aus Eigenmitteln des Fraunhofer IWES und der Fraunhofer-Gesellschaft finanziert. „Auch in Zukunft sind Innovationen in der Windenergietechnik notwendige Voraussetzung für ein Gelingen der Energiewende. Dabei werden zurecht hohe Qualität und Verlässlichkeit gefordert. Ein Nachweis dieser Eigenschaften auf Prüfständen kann die erforderlichen Prüfzeiträume entscheidend verkürzen und somit deutlich kürzere Innovationszyklen ermöglichen“, ist Timo Haase, Referent Windenergieforschung, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, überzeugt.

Neben dem neuen Prüfstand „HiL-GridCoP“- als Ergänzung zu dem bestehenden Gondelprüfstand DyNaLab – investiert das Fraunhofer IWES in zwei weiteren Ausbaustufen in weitere Prüfinfrastruktur, um den steigenden Anforderungen für Windenergieanlagen zum Anschluss an das Übertragungsnetz gerecht zu werden. Darüber hinaus wird die Prüfinfrastruktur des Instituts auch für andere Energieerzeugungsanlagen, z.B. Wasserstoffproduktion, Photovoltaik- und Speichertechnologie, eingesetzt.

„Mit den derzeit laufenden Investitionen im Bereich der Entwicklung und Prüfung von Leistungselektronik von Windenergieanlagen sowie anderer Energieerzeuger setzt das Fraunhofer IWES international Maßstäbe und bedient ein für den Erfolg der Energiewende wichtiges Thema auf einmalige Art und Weise. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Industrie und dem BMWi wird so an unserem Institut eine weitere Basis für innovative Lösungen „made in Germany“ geschaffen“, erläutert Prof. Andreas Reuter, Institutsleiter Fraunhofer IWES.

Am Standort Bremerhaven realisiert das Fraunhofer IWES zwei weitere Projekte, um die Leistung und die Netzverträglichkeit von Windenergieanlagen zu verbessern. „Das Fraunhofer IWES ist am Standort Bremerhaven seit 2009 verortet und trägt wesentlich dazu bei, den Wissenschaftsstandort durch Weiter- oder Neuentwicklungen mitzugestalten. Damit werden neben regionalen Unternehmen auch internationale Projektpartner und Industriekunden für Bremerhaven angesprochen“, sagt Oberbürgermeister Melf Grantz.