„Das Konzept der Ökosystemleistungen (ÖSL) hat zum Ziel, die Leistungen und damit den Wert von Ökosystemen aufzuzeigen. Eine integrative/holistische Betrachtungsweise soll Entscheidungsträgern verdeutlichen, dass sich der Schutz und die nachhaltige Nutzung von natürlichen Ressourcen (etwa durch ein alternatives ökologisches Landmanagement) auch wirtschaftlich lohnen.“ Mit diesem Ansatz startete das Forschungsteam der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) unter Leitung von Prof. Dr. Markus Reinke vor vier Jahren. Zielsetzung des vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) geförderten und am Institut für Ökologie und Landschaft (IÖL) der HSWT durchgeführten Projektes war es, die Integrationsfähigkeit des Konzepts für die regionale und kommunale Planungspraxis zu untersuchen. Die Ergebnisse der im Zeitraum Juli 2016 bis Juni 2019 durchgeführten Forschungsstudie zeigen, dass der Nutzen von Natur und Landschaft für das menschliche Wohlergehen bisher nicht genügend berücksichtigt ist und dass quantitative Verfahren des ÖSL-Ansatzes einen potenziellen Mehrwert für die Landschaftsplanung bedeuten können.
Für die empirische Befragung wurden auf kommunaler Ebene die Landschaftspläne der Städte Pfaffenhofen a.d. Ilm und Jena sowie auf regionaler Ebene die Landschaftsrahmenpläne Lüneburg und Donau-Wald ausgewählt. Aufgrund regionsspezifischer Fragestellungen definierten die Forschenden sechs verschiedene Bearbeitungsschwerpunkte (z. B. Trink- und Nutzwasser, Nahrungsmittel und Rohstoffe) und analysierten somit insgesamt neun Ökosystemleistungen (ÖSL). Für die Anwendung dieser ÖSL wurden Indikatoren ausgewählt, die klar verständlich dargestellt werden können, die Ziele der Landschaftsplanung unterstützen und bei denen die nötigen Daten vorlagen.
Vorteile der Anwendung des Konzepts von ÖSL in der Landschaftsplanung
Die meisten der an der Befragung Teilnehmenden sehen den Vorteil durch die Anwendung von ÖSL v. a. in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit (z. B. mit Bürgerinnen, Bürgern, Landnutzenden, Verbänden u. a.) und erwarten größtenteils einen Erkenntnisgewinn durch die verstärkte Einbeziehung quantitativer Ergebnisse in der Landschaftsplanung. „Zwei Drittel der an der Befragung Teilnehmenden sehen einen eindeutigen Mehrwert des ÖSL-Ansatzes in informellen bzw. diskursiven Beteiligungsverfahren wie z. B. Planungszellen, Bürgerforen oder Zukunftswerkstätten“, so die Projektwissenschaftlerin Dr. Linda Schrapp.
Doch es gibt auch Kritikpunkte an dem ÖSL-Ansatz. So bestätigten sich die bereits in der Literaturrecherche gefundenen Bedenken und Risiken bezüglich der Betonung von Nutzungsaspekten in der Landschaftsplanung. „Einige Befragte sehen sowohl den möglichen Verlust intrinsischer Werte der Natur als auch die ungleiche Gewichtung von ÖSL in Entscheidungsprozessen als mögliches Risiko an. Manche kritisierten auch generell die Monetarisierungsansätze von ÖSL in der Landschaftsplanung.“, so Dr. Schrapp.
Praktische Umsetzung des Forschungsprojekts
Bei der Priorisierung von ÖSL für die Landschaftsplanung zeigte sich, dass eine vollumfängliche Bearbeitung aller ÖSL in der Landschaftsplanung nicht sinnvoll ist. Die Auswahl an ÖSL ist projekt-und regionsspezifisch anzupassen. Prof. Dr. Markus Reinke und Dr. Linda Schrapp sehen die wahrscheinlichste Umsetzung in der Praxis vor allem bei den ÖSL-Indikatoren, die in der jeweiligen Region aktuell thematisiert werden, z. B. die Klimaschutzleistung von Landschaft. „Die Indikatoren, die die besten Datengrundlagen haben, können realistisch und mit ‚vorgefertigten‘ Methoden gemappt werden“, so die Verantwortlichen der Studie weiter.
Handlungsempfehlungen
Mit einer Reihe von Handlungsempfehlungen wenden sich die Verfasser in der Zusammenfassung an die Verantwortlichen, exemplarisch herausgegriffen sei folgende: „Die Landschaftsplanung sollte sich auch auf kommunaler und regionaler Ebene dem Konzept der ÖSL stärker öffnen und diese integrieren. Die Landschaftsplanung soll dieses jedoch als Add On-Lösung verfolgen und nicht zu einer Ökosystemleistungs-planung umwandeln. Das ÖSL-Konzept soll entsprechend in Form von ergänzenden Beiträgen in die derzeitige Landschaftsplanung integriert werden.“