Während die Coronakrise Politik und Medien dominiert, gehen die Klima- und Biodiversitätskrise ungebremst weiter. Dürre, Brände, Migration, Artensterben – die Folgen unseres auf Wachstum und Ausbeutung der Umwelt basierenden Wirtschaftens werden von Jahr zu Jahr offensichtlicher. An diesem Freitag, 25. September 2020, diskutieren Wirtschafts- und Nachhaltigkeitsforschende auf der Onlinetagung „Zeitenwende 2020 – Wird diesmal alles anders?“, wie unsere Lebens- und Wirtschaftsweise fundamental sozialer und ökologischer werden kann. Zu der Tagung eingeladen haben das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und die Vereinigung für ökologische Wirtschaftsforschung (VÖW) anlässlich ihres 35. Jubiläums. Eine Registrierung zur Teilnahme ist noch kurzfristig möglich: www.ioew.de/zeitenwende.
Zeitenwende hin zu mehr Nachhaltigkeit ist existenziell
„In diesem Jahr macht die Coronakrise deutlich, wie hochfragil unser äußerst ausdifferenziertes Wirtschaftssystem ist“, so Thomas Korbun, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des IÖW. „Eine Zeitenwende hin zu mehr Nachhaltigkeit ist existenziell. Das fordern diesen Freitag weltweit wieder viele Menschen, die unter dem Motto ‚Fridays for Future‘ auf die Straße gehen. Wir am IÖW unterstützen ihre Anliegen und wollen mit unserer Tagung Mut machen zu einem weitreichenden sozialen und ökologischen Wandel“. Ziel der internationalen Onlinetagung, zu der das Institut über 300 Teilnehmende erwartet, ist es, zu diskutieren, wie der Wandel angestoßen werden und wie es vor allem schnell gehen kann.
Das Wirtschaftssystem muss umgebaut werden
„Die Tagung behandelt Konzepte und Theorien, die als Grundlage für den Wandel dienen können, wie die Debatte um Postwachstum, die internationale ‚Transition‘-Forschung sowie transformative Politikkonzepte“, erläutert Florian Kern, der am IÖW das Forschungsfeld Umweltökonomie und Umweltpolitik leitet. „Wir sind überzeugt davon, dass das Wirtschaftssystem in seiner jetzigen Form umgebaut werden muss. In zwölf Workshops behandeln wir, was sich im Einzelnen wandeln muss – in Sektoren wie Energie, Mobilität, Ernährung oder der Care-Arbeit wie Kinderbetreuung oder Altenpflege. Dabei geht es uns insbesondere darum, konkrete Ideen zu entwickeln, wie Prozesse kulturellen und institutionellen Wandels angestoßen werden können.“
Rahmenbedingungen für Nachhaltigkeit und Resilienz stellen
Das IÖW sieht ein Grundproblem in der Abhängigkeit der Gesellschaft vom Wachstum. Das Wachstum in seiner bisherigen Form führte nicht nur zu gravierenden Umweltproblemen, sondern es macht die Gesellschaft auch verletzlich, da etwa die Sozialversicherungssysteme nur bei stetem Wachstum funktionieren. „Das ist gefährlich und wir müssen dringend daran arbeiten, unabhängiger vom Wachstum zu werden. Unser Ziel muss es sein, resiliente Strukturen für Wirtschaft und Gesellschaft innerhalb der planetaren Grenzen zu entwickeln und uns auf Vorsorge zu konzentrieren, nur so werden wir widerstandsfähiger und besser gewappnet sein für zukünftige Krisen“, so Nachhaltigkeitsforscher Kern.
Die Tagung findet aus Anlass des 35-jährigen Bestehens des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung und der Vereinigung für ökologische Wirtschaftsforschung statt.
Das gemeinnützige Nachhaltigkeitsforschungsinstitut war im Jahr 1985 außerhalb des etablierten Wissenschaftssystems gegründet worden. Es arbeitet unabhängig und ohne öffentliche Grundförderung für verschiedene Förderer und Auftraggeber überwiegend aus dem öffentlichen Sektor. Die Vereinigung ist ein inter- und transdisziplinäres Netzwerk, das sich mit Fragestellungen der nachhaltigen Entwicklung sowie ihrer praktischen Umsetzung auseinandersetzt.