Die Sorge der Menschen wächst, die Sorglosigkeit aber auch

Der Tod auf Sylt. Foto: Die Linde

Während die Sorgen um die eigene Gesundheit mit dem erneuten Anstieg der Infektionszahlen derzeit wieder größer werden, lässt die Bereitschaft zur Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln spürbar nach. Dies zeigen die neuesten Zahlen der repräsentativen Befragung des Hamburg Center for Health Economics (HCHE) der Universität Hamburg von mehr als 7.000 Menschen in Deutschland und sechs weiteren europäischen Ländern. In der Umfrage zeigen sich zudem Vorbehalte gegenüber größeren Menschenansammlungen – aber auch gegen das Impfen. Den Ergebnissen zufolge glaubt in Deutschland fast jeder Vierte, ein hohes Ansteckungsrisiko zu haben. Nachdem dieser Wert zwischen April und Juni gesunken war, bedeutet das seit Juni einen Anstieg um drei Prozentpunkte. Diese Entwicklung zeigt sich in allen befragten Ländern – in Frankreich und Portugal liegen die Zahlen im September sogar deutlich höher als zu Beginn der Pandemie im April.

Foto: Uni Hamburg

Doch trotz dieser wachsenden Sorgen halten sich immer weniger Menschen an Abstands- und Hygieneregeln. So sagen nur noch 45 Prozent der Menschen in Deutschland, dass sie Abstandsregeln beachten. Nur noch 39 Prozent halten sich an die empfohlene Handhygiene. Auch Umarmungen, Küsse und Händeschütteln zur Begrüßung sind wieder auf dem Vormarsch: Nur noch 58 Prozent vermeiden diese aktuell, im April waren es noch 77 Prozent. „Wir stellen fest, dass die steigenden Infektionszahlen die Bevölkerung zwar ängstigen, aber gleichzeitig auch, dass eine gewisse Müdigkeit bei der Einhaltung der Regeln zu erkennen ist“, so Prof. Dr. Jonas Schreyögg, wissenschaftlicher Direktor des HCHE.

Zahl der Impfgegner wächst

Auch die Haltung zum Impfen hat sich verändert: Waren im April noch 70 Prozent der Menschen in Deutschland bereit, sich gegen SARS-CoV-2 impfen zu lassen, sind es aktuell nur noch etwas mehr als die Hälfte. Ein Trend, der sich in allen an der Umfrage beteiligten EU-Ländern zeigt. Insbesondere wächst der Anteil derjenigen, die explizit gegen eine Impfung sind. Die Zahl der Personen, die dagegen unschlüssig sind, ist unverändert.

„Wir konnten feststellen, dass zu den Impfgegnern vor allem Personen gehören, die für sich kein gesundheitliches Risiko durch Corona sehen oder die kein Vertrauen in die Informationspolitik ihrer Regierung oder Organisationen wie der WHO haben“, sagt Schreyögg. „Deshalb ist es wichtig, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um das Vertrauen in öffentliche Informationen zu stärken und das Risiko durch Clusterausbrüche künftig zu minimieren.“

Vor leeren Rängen: Fußball, Konzerte & Co.

Obwohl sich viele Menschen mittlerweile zunehmend sorglos verhalten, sind sie sich doch einig in ihrer Skepsis gegenüber größeren Menschenansammlungen. Nur 25 Prozent der Befragten in Deutschland sind der Meinung, dass Fußballspiele wieder mit Zuschauerinnen und Zuschauern stattfinden sollen, 56 Prozent sprechen sich dagegen aus. Nur 15 Prozent würden derzeit in ein Stadion gehen wollen. „In einem Land, in dem jeder Zweite Fußballfan ist, ist das ein erstaunlich niedriger Wert“, so Schreyögg. Ein ähnliches Bild ergibt sich für Musikkonzerte: Nur 24 Prozent der Befragten können sich Pop- und Rockkonzerte mit Zuschauern vorstellen, hingehen würden sogar nur 18 Prozent. Weniger Befürchtungen haben die Menschen bei Kinos und Theatern. Jeweils 38 Prozent stimmen Vorstellungen mit Zuschauern zu. Hier ist die Bereitschaft hinzugehen zwar etwas größer als bei Stadien und Konzerten, doch mehr als jeder Zweite hält es aktuell für unwahrscheinlich, eine Kino- oder Theater-Vorstellung zu besuchen.

Eine Darstellung der bisherigen Ergebnisse des Projektes ist unter folgendem Link zu finden: www.hche.uni-hamburg.de/forschung/corona.html