Uni Bern sieht das Weltklima durch Dünger bedroht

Wenn Bauern Gülle, Mist oder andere Dünger ausbringen, wirkt sich das negativ aufs globale Klima aus. Der zunehmende Einsatz von Stickstoffdüngemitteln bei der Nahrungsmittelproduktion ist ein Hauptgrund dafür, dass das klimaschädigende Lachgas (N2O) gegenüber dem vorindustriellen Niveau um 20% angestiegen ist. Bild: Pixabay

Ein internationales Forschungskonsortium mit Beteiligung der Universität Bern kommt zum Schluss, dass die steigenden Lachgasemissionen das Erreichen der Klimaziele des Abkommens von Paris gefährden. Lachgas entsteht vor allem durch den Einsatz von Dünger in der Landwirtschaft. Es ist das drittwichtigste durch menschliche Aktivitäten freigesetzte Treibhausgas. Wenn Bauern Gülle, Mist oder andere Dünger ausbringen, wirkt sich das negativ aufs globale Klima aus. Durch mikrobielle Umwandlung von Dünger entsteht im Boden aus Stickstoffverbindungen das klimaschädigende Lachgas (N2O). Dieses hochwirksame Treibhausgas hat eine sehr lange Lebenszeit (120 Jahre) in der Atmosphäre. Eine soeben erschienene Studie stellt die natürlichen und vom Menschen verursachten N2O-Quellen systematisch und umfassend zusammen.

Die Ergebnisse weisen auf einen alarmierenden Trend hin, der sich auf den Klimawandel auswirkt: N2O ist gegenüber dem vorindustriellen Niveau um 20% angestiegen. Grund für den Anstieg, der sich in den letzten Jahrzehnten beschleunigt hat, ist vor allem der weltweit zunehmende Einsatz von Stickstoffdüngemitteln bei der Nahrungsmittelproduktion.

Foto: Uni Bern

Berner Modelle quantifizieren Lachgas-Quellen

«Der Anstieg von Lachgas trägt bis jetzt rund 7 Prozent zur globalen, menschgemachten Erwärmung bei. Sorge bereitet, dass sich dieser Beitrag vergrössert, da die Quellen schwierig zu reduzieren sind», erklärt Fortunat Joos, Professor für Klimaphysik an der Universität Bern, Koautor der Studie und Mitglied des Oeschger-Zentrums für Klimaforschung. Er ist Spezialist für die Modellierung von sogenannten biogeochemikalischen Kreisläufen. Seine Forschungsgruppe erstellte für die aktuelle Studie Abschätzungen verschiedener N2O-Quellen. Diese Berechnungen wurden mit einem in Bern entwickelten globalen dynamischen Vegetations- und Ozeanmodell erstellt. Die Studie, an der 57 Forschende aus 14 Ländern und 48 Forschungseinrichtungen beteiligt waren, wurde von der Auburn University (Alabama, USA) koordiniert. «Die dominierende Triebkraft für den Anstieg des atmosphärischen Lachgases kommt aus der Landwirtschaft, und die wachsende Nachfrage nach Nahrungs- und Futtermitteln für Tiere wird die globalen Lachgasemissionen weiter erhöhen», erklärt der Erstautor, Hanqin Tian von der Auburn University. «Es besteht ein Konflikt zwischen der Art und Weise, wie wir die Menschen ernähren, und unserem Ziel, das Klima zu stabilisieren.»

In der Schweiz hat sich der Lachgas-Ausstoss stabilisiert

Die höchsten Wachstumsraten bei den Lachgasemissionen haben die Forschenden für Schwellenländer ermittelt, in denen Pflanzenproduktion und Viehbestand stark zugenommen haben, insbesondere Brasilien, China und Indien. Hofdünger (Mist und Gülle) stellt für das Klima vor allem in Afrika und Südamerika ein Problem dar; der Einsatz von Kunstdünger sorgt vor allem in China, Indien und den USA für klimaschädigende Emissionen. Europa ist die einzige Region in der Welt, die in den letzten zwei Jahrzehnten die Lachgasemissionen erfolgreich reduziert hat.

Grafische Darstellung sämtlicher globaler Lachgas-Quellen und -Senken (Englisch). Bild: Modifizierte Grafik aus Tian et. al. Nature, 2020.

Das gilt – zumindest teilweise – auch für die Schweiz. Von 1990 bis 2010 sind die N2O-Emissionen um gut 10% zurückgegangen, von 2010–2020 blieben sie ungefähr stabil. Die Landwirtschaft ist für rund zwei Drittel der Lachgasemissionen in der Schweiz verantwortlich. Der Anteil von N2O an den gesamten Schweizer Treibhausgasemissionen betrug 2018 6,2%.

Der globale steigende N2O-Ausstoss läuft den Forderungen zur Begrenzung der globalen Erwärmung diametral entgegen. «Die gegenwärtigen Emissionen an CO2, N2O und anderen Treibhausgasen führen zu einer fortgesetzten globalen Erwärmung und die Temperaturziele des Pariser Abkommens werden ohne eine rasche Reduktion der Emissionen weit verfehlt», sagt Fortunat Joos. Um die Ziele des Klimaabkommens zu erreichen, sei eine Begrenzung der N2O-Emissionen deshalb von Bedeutung und die Reduktion der CO2-Emissionen noch dringlicher. Dank den vorliegenden Studienergebnissen sei es nun möglich, Massnahmen zur Reduktion der Lachgasemissionen besser zu bewerten und zu quantifizieren.