Was Korallenriffe zusammenhält

In arktischen Gewässern haben Geologen der FAU mit Hilfe des Tauchroboters JAGO coralline Rotalgen untersucht: Sie wachsen im Laufe der Jahre zu Gebilden, die großen Kugeln ähneln. In diesen Kugeln, Rhodolithe genannt, raspeln sich Bohrmuscheln hinein. Es entstehen kleine Höhlen, die wiederum vielen anderen Tierarten Unterschlupf bieten. Das Foto zeigt einen einzelnen Rhodolithen. (Bild: FAU/Sebastian Teichert)

Korallenriffe sind Hotspots der Biodiversität: Da sie auch schweren Stürmen standhalten, bieten sie vielen Tieren ein sicheres Zuhause. Gleichzeitig schützen sie dichtbesiedelte Küstenregionen, indem sie Sturmwellen abflachen. Doch wie können die aus oft fragilen Korallen aufgebauten Riffe so stabil sein? Ein Forscherteam der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Universität Bayreuth haben nun herausgefunden, dass ein ganz besonderer Zement dafür verantwortlich ist: Coralline Rotalgen bilden ein hartes Kalkskelett und stabilisieren die Riffe – und das seit mindestens 150 Millionen Jahren.

Auf Bildern von tropischen Korallenriffen ist die Fülle an Leben sofort erkennbar: Durch ihr dreidimensionales Gerüst bieten die Korallen vielen Tieren Unterschlupf. Allerdings sind die Skelette der Korallen häufig so fragil, dass sie schweren Stürmen allein kaum standhalten würden. Auch wenn die Forschung schon lange vermutet, dass coralline Rotalgen mit ihrem Skelett aus Kalk hier eine Stützfunktion erfüllen, konnte dieser Zusammenhang bislang nicht nachgewiesen werden.

Coralline Rotalgen stützen die Riffe seit mindestens 150 Millionen Jahren

Foto: FAU

Durch eine Analyse von mehr als 700 fossilen Einzelriffen in 150 Millionen Jahren Erdgeschichte konnten die Wissenschaftler von FAU und Universität Bayreuth diese Stützfunktion nun belegen. „Die corallinen Rotalgen bilden ein Kalkskelett und verkitten die Korallenriffe wie Zement“, sagt Dr. Sebastian Teichert vom Lehrstuhl für Paläoumwelt an der FAU. „Über die Jahrmillionen haben verschiedene Krisen sie jedoch immer wieder in dieser Funktion eingeschränkt.“

Erfolgreiche Anpassungen gegen Pflanzenfresser

Zu diesen Krisen gehört zum Beispiel die Evolution pflanzenfressender Meerestiere, vor allem Seeigel und Papageienfische. Sie haben die corallinen Rotalgen im Verlauf der Zeit wiederholt dezimiert. Die Algen entwickelten jedoch Abwehrmechanismen wie besondere Wuchsformen, um sich gegen ihre Fressfeinde zu behaupten. „Die Algen haben sich so gut angepasst, dass sie mittlerweile sogar von den Pflanzenfressern profitieren“, sagt Teichert. „Die Pflanzenfresser befreien die Algen nämlich von schädlichem Aufwuchs, beispielsweise Grünalgen, so dass sie ungehindert wachsen können.“ Dadurch stützen coralline Rotalgen die Riffe heute erfolgreicher als jemals zuvor in der Erdgeschichte.

Inwieweit der Klimawandel die Stützfunktion der corallinen Rotalgen beeinflusst, ist noch nicht geklärt. Eine Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen würde jedoch nicht nur die Korallen und andere Riffbewohner treffen, sondern auch den Menschen: Korallenriffe sind wichtig für den Küstenschutz, da sie Sturmwellen abschwächen. Außerdem bieten sie eine Kinderstube für viele Speisefische und Meeresfrüchte.