Schon heute hinterlässt der Klimawandel in den Mooren im Schwarzwald seine Spuren. Durch steigende Temperaturen und längere Trockenperioden sind dort in den vergangenen 40 Jahren bereits zwei typische Pflanzenarten ausgestorben. Gleichzeitig ging der Bestand vieler weiterer Arten um ein Drittel zurück. Zehn weitere typische Moorarten könnten in den nächsten Jahren aussterben, schreiben Forscher der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig.
Gesunde Regen-, Quell- oder Hochmoore gibt es in Deutschland nur noch wenige. Sie nahmen früher große Flächen Nordwest-Deutschlands ein und finden sich heute noch im Alpenvorland und in den Mittelgebirgen, zum Beispiel im Schwarzwald. Dabei handelt es sich um sehr empfindliche Ökosysteme, die besonders abhängig von bestimmten klimatischen Bedingungen sind. „Hoch- und Quellmoore sind Seismographen für den Klimawandel. Sie reagieren besonders empfindlich auf kleinere Veränderungen bei Niederschlag und Temperatur“, sagt der Geobotaniker Prof. Dr. Helge Bruelheide von der MLU. Gleichzeitig weisen Moore einen sehr hohen Anteil von bedrohten Tier- und Pflanzenarten auf. Gemeinsam mit dem Biologen und Moorexperten Thomas Sperle untersuchte Bruelheide die Entwicklung der Artenvielfalt in Mooren im Südschwarzwald. Hierfür griffen die beiden zum einen auf Daten zur Vegetation in 124 kompletten Mooren aus den 1970er Jahren zurück, zum anderen führte Sperle über vier Jahre hinweg eine vollständige Neuerfassung fast aller Gebiete durch.
„Es ist extrem zeitaufwändig, das Aussterben einer Art für ein ganzes Moor nachzuweisen. Ich musste die kompletten Flächen genau absuchen, um nicht einzelne Individuen zu übersehen“, sagt Sperle.
Anhand dieser Daten erstellte Bruelheide anschließend eine Analyse für die 88 Pflanzenarten. Zwei Arten sind bereits ausgestorben, für 37 weitere ließ sich ein Rückgang um etwa ein Drittel im Vergleich zu den 1970er Jahren beobachten. Davon sind vor allem sogenannte Spezialisten betroffen, die besonders stark an die klimatischen Bedingungen angepasst sind und die den Großteil der Biodiversität in Deutschland ausmachen. Allerdings gab es auch 46 sogenannte Generalisten, die mit den Veränderungen besser zurechtkamen und deren Bestand sich mit der Zeit vergrößerte.
„Fehlender Regen lässt sich nicht ohne Weiteres ersetzen.“
Die Forscher kontrollierten auch, ob ihre Beobachtungen durch andere Faktoren erklärt werden konnten, etwa die Größe der Moore, die Entfernung von einem Moor zum nächsten und ob anliegende Flächen landwirtschaftlich genutzt wurden. Kein Faktor konnte jedoch die Daten so gut erklären wie der Klimawandel. „Unsere Analysen zeigen eindeutig: Die Arten gehen dort zurück und sterben dort aus, wo es im Sommer länger trockener und wärmer ist. Das ist ein erster Beleg dafür, dass der Klimawandel bereits in unseren Breiten angekommen ist“, fasst Bruelheide zusammen. „Im Schwarzwald wird es merklich trockener und heißer, weshalb wir diesen Wandel dort als erstes beobachten können. Vermutlich passiert dasselbe zurzeit auch in anderen Mittelgebirgen wie im Harz. Insofern kann unsere Studie als Beispiel für andere Regionen Deutschlands, aber auch andere Habitate und Artengruppen dienen.“
In ihrer Studie gehen die Biologen davon aus, dass bei gleichbleibenden Verhältnissen bis 2045 zehn weitere Moor-Spezialisten verschwinden werden. Das sei ein alarmierendes Zeichen, da es keine Möglichkeiten gebe, dem Artensterben in Hoch- und Quellmooren gezielt entgegenzusteuern, so Bruelheide: „Fehlender Regen lässt sich nicht ohne Weiteres ersetzen.“