Deutscher Nachhaltigkeitstag: „Waste-to-Resource-Unit“

Die urbane Bio-Raffinerie „Waste-to-Resource-Unit“ gehörte beim Deutschen Nachhaltigkeitstag in Düsseldorf zu den Finalisten für den Forschungspreis 2021 für die beste Idee zur urbanen Bioökonomie. Dr. Natalie Laibach von der Universität Bonn hat das Team vertreten und ist optimistisch: „Als Finalisten erhalten wir eine Förderberatung und ein professionelles Medientraining. So können wir unsere Idee erfolgreich weiterentwickeln.“ Die Lösung zur ganzheitlichen Nutzung von Lebensmittelresten hat sie gemeinsam mit vier weiteren Forscher vom Fraunhofer IME, der Universitäten Lüneburg und Münster sowie den Instituten DIL, ILU sowie inter 3 Institut für Ressourcenmanagement entwickelt.

Vom Reststoff zum Rohstoff: Urbane Bioökonomie als echte Kreislaufwirtschaft

Die mobile und dezentral einsetzbare Bio-Raffinerie kann für Kantinen, Supermärkte, Wohnkomplexe oder von Entsorgungsbetrieben eingesetzt werden. Direkt vor Ort werden gemischte Lebensmittelreste hygienisiert und die organischen Rohstoffe über eine Algenproduktion zu hochwertigen Ressourcen umgewandelt. „Das können je nach Zusammensetzung der Nahrungsmittelreste zum Beispiel Biomasse, Proteine, Pigmente, Vitamine oder Antioxidantien für die Lebensmittelproduktion sein“, berichtet Boje Müller, Experte für Chemikalien- und Wertstoffextraktion von der Universität Münster. Sergiy Smetana vom Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) richtet den Blick vor allem darauf, welche Produkte sich mit moderner Technologie daraus herstellen lassen:

„Von Algenkeksen über Algenbrot und Algenschnitzel bis hin zu Smoothies ist viel möglich – und wir erforschen bereits andere köstliche Lebensmittel.“ Natalie Laibach und Wolf Raber sind als Expert:innen für urbane Kreislaufwirtschaft die Treiber im Team für den Aufbau lokaler Wertkreisläufe. Wolf Raber von inter 3 Institut: „Mit der Verarbeitung in einem mobilen Container direkt vor Ort verringern sich zugleich Abfallmengen, Transportwege und CO2-Emissionen.“

Das Ergebnis: Die Rohstoffeffizienz in Städten kann gesteigert und die Umweltbelastung gesenkt werden. „Wir schaffen urbane Lebensqualität und sind nicht mehr so abhängig von globalen Lieferketten – ein wichtiger Baustein für die Resilienz unserer Städte,“ fasst Natalie Laibach zusammen.

Von der agilen Forschung zur unternehmerischen Bioökonomie-Idee

Die Idee der modularen Bio-Raffinerie in Container-Bauweise ist am 18./19. Juni während des zweitägigen Ideenwettbewerbs zum Nachhaltigkeitspreis entstanden – selbstverständlich auf Basis jahrelanger Forschung. „Wichtig für den Erfolg war vor allem, dass wir uns im Team über Fachgrenzen hinweg – Chemie, Mikrobiologie, Ingenieur- und Lebensmitteltechnik, Sozialwissenschaft – sehr gut verständigen und zielorientiert zusammenarbeiten konnten,“ betont Wolf Raber. Hierfür wurden u.a. bei inter 3 entwickelte Methoden des transdisziplinären Innovationsmanagements eingesetzt.

Imagebild Waste-to-Resource-Unit, Natalie Laibach

Gestärkt durch die Auszeichnung als Finalist für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis ist das Team jetzt auf der Suche nach interessierten Industrie- und Finanzierungspartnern für den Aufbau und Betrieb einer Pilotanlage. Erste Gespräche werden bereits geführt. „Wir brauchen konkrete Abfallmengen und -zusammensetzung, um die technologische Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Tragfähigkeit der Waste-to-Resource-Unit zu testen,“ sagt Daniel Pleissner vom Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung und der Leuphana Universität Lüneburg. Der Weg aus dem Forschungslabor in die unternehmerische Praxis ist jedoch nicht allzu weit. Pleissner: „Ich bin mir sicher, dass wir die mobile Bio-Raffinerie in fünf Jahren überall in unseren Städten sehen werden.“

Hintergrund: Deutscher Nachhaltigkeitspreis Forschung

Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis Forschung wurde 2012 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ins Leben gerufen, um nachhaltigkeitsbezogene Forschungsleistungen Deutschlands zu würdigen. Mehr Informationen zum Nachhaltigkeitspreis, den Finalisten und zur Preisverleihung unter http://www.forschungspreis.de.

Die von der Jury ausgewählten drei Finalisten für den Forschungspreis wurden vom 2. bis 4. November 2020 bereits in der 3sat-Wissenschaftssendung „nano“ vorgestellt.