Pflügen, säen, ernten: Seit den Anfängen der Landwirtschaft hat sich diese grundlegende Praxis in der Landwirtschaft nicht geändert. Bis heute pflügen die Bauern jedes Jahr ihre Felder und säen, bringen Herbizide und Düngemittel aus. Dies hat gravierende ökologische Folgen: Die Artenvielfalt geht zurück, Grundwasserressourcen werden verschmutzt und der Boden erodiert. Ein Hauptproblem liegt darin begründet, dass die wichtigsten Getreidearten – Weizen, Mais, Reis und Gerste – einjährige Pflanzen sind. Sie leben nur für eine Saison und müssen jedes Jahr erneut ausgesät werden, benötigen also jedes Jahr wieder den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln.
In vielen natürlichen Ökosystemen dominieren dagegen mehrjährige Pflanzen
Diese Pflanzen leben über viele Jahre, sie sorgen für eine dauerhafte Bodenbedeckung, bilden tiefere Wurzelsysteme und minimieren so die Bodenerosion. Durch ihre weit verzweigten Wurzeln können sie Wasser und Nährstoffe viel besser erschließen und nutzen.
Die Pflanzenforscherin Prof. Dr. Maria von Korff Schmising von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) hat erfolgreich einen der renommierten Consolidator Grants des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC) eingeworben. In den kommenden fünf Jahren wird sie damit zur Entwicklung mehrjähriger Getreidesorten forschen. Dieser Ansatz für eine nachhaltigere Nahrungsmittelproduktion wird vom ERC mit zwei Millionen Euro gefördert.
Im großen Stil angebaut, hätten mehrjährige Pflanzen einen doppelten Nutzen: Zum einen benötigen sie weniger natürliche Ressourcen, zum anderen helfen sie bei der Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel und an extreme Wetterbedingungen.
Derzeit werden mehrjährige Getreidekulturen auf zwei verschiedenen Wegen gezüchtet:
Entweder durch die Kreuzung von einjährigen Kulturpflanzen – wie Weizen oder Reis – mit ihren wilden, mehrjährigen Verwandten. Oder durch die Domestikation von mehrjährigen Wildpflanzen. Beide Verfahren sind zeit- und kostenaufwändig, auch weil die Kreuzungen zwischen Arten nicht sehr fruchtbar sind. Vor allem aber ist es eine große Herausforderung, hohe Erträge mit einer langen Lebensdauer in einer Sorte zu vereinen.
Prof. von Korff Schmising will mit ihren Mitarbeiter einen neuen Ansatz verfolgen
Als Modellsystem nutzen sie einjährige Gerste und ihre wilden ein- und mehrjährigen Verwandten. Zunächst will das Team die Gene und genetische Varianten identifizieren, die den Unterschied zwischen ein- und mehrjährigem Wachstum ausmachen. Mit Hochdurchsatz-Sequenzierverfahren steht an der HHU dafür ein mächtiges Werkzeug zur Verfügung, um solche Gene auch in Wildarten zu identifizieren. Mit diesen genetischen Informationen sollen dann mehrjährige Gerstevarianten generiert werden.
PERLIFE will das Forschungsteam in den kommenden fünf Jahren zwei Dinge erreichen:
zum einen die genetischen und physiologischen Zusammenhänge von Lebensdauer und Ertrag in Gerste entschlüsseln, zum anderen konkrete genetische Werkzeuge liefern, um mehrjährige Gerste und verwandte Getreidearten zu züchten. Herauskommen soll ein genetischer Werkzeugkasten, um die Lebensdauer von Gerste zu verändern. Dieser kann als Blaupause für verwandte, aber komplexere Kulturarten wie Weizen dienen.