Wie genau wirkt sich der Klimawandel auf die Tierwelt in ihren aktuellen Verbreitungsgebieten aus? Um mit Umweltschwankungen wie Klimawandel und der globalen Erderwärmung zurecht zu kommen, nutzen Tiere unterschiedliche Strategien wie Winterschlaf oder Torpor sowie die Anpassung des Energiemanagements. Trotz verhaltensspezifischer und plastisch physiologischer Reaktionen wird der Klimawandel Auswirkungen auf die Tierwelt haben, so Sylvain Giroud vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie, Vetmeduni Vienna.
Viele Tiere sind so an ihre Umwelt angepasst, dass sie erhebliche saisonale Schwankungen in einem oder mehreren Umweltparametern gut bewältigen. In jüngster Zeit müssen sich Organismen auf der ganzen Welt jedoch auch mit dem beschleunigten Klimawandel auseinandersetzen, der sowohl durch einen langsamen Anstieg der Durchschnittstemperatur als auch durch eine erhöhte Häufigkeit extremer Wetterereignisse gekennzeichnet ist. Um vorherzusagen, wie sich dies auf die Tierwelt auswirken wird, ist es wichtig, die Grenzen der ökologischen und physiologischen Strategien zu verstehen, die Tiere nutzen, um mit schwankenden Wetterbedingungen in ihren Lebensbereichen umzugehen.
Klare Erkenntnisse aus zahlreichen Wissenschaftsbereichen
Das von Sylvain Giroud, Wildtierökologe am Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Vetmeduni Vienna, und seinen internationalen Co-AutorInnen publizierte Forschungsthema bietet einen umfassenden Überblick über die jüngsten Fortschritte hinsichtlich mechanistischen sowie ökologisch-evolutionären Aspekten der Anpassung von Tieren an schwankende und sich verändernde Umgebungen in Form von Forschungsartikeln, perspektivischen Beiträgen und Übersichtsarbeiten. Die Studien erstrecken sich über Forschungsarbeiten im molekularen und zellulären Bereich sowie auf Ebene der Organismen und einzelnen Tiere bis hin zu Populationen von Säugetieren, Vögeln und ausgewählten ektothermen („wechselwarmen“) Tieren. Laut Giroud sind bei der Überlegung, wie Tiere auf Umweltschwankungen reagieren, drei Hauptaspekte zu berücksichtigen:
„Die Auswirkungen des Klimawandels lassen sich an drei Indikatoren besonders gut ablesen. Das ist zum einen die saisonale Expression und die Entwicklung von Hypometabolismus und Heterothermie, also das, was wir als Winterruhe und Winterschlaf kennen. Ein weiterer Faktor sind metabolische Reaktionen, d. h. Veränderungen des Energiestoffwechsels und des Wasserhaushaltes, als Anpassung an trockene, energiebegrenzte oder hypoxische Umgebungen. Und der dritte Faktor ist die thermische Empfindlichkeit von Tieren während ihrer Entwicklung und daraus folgende lebenslange Auswirkungen.“
Laut jüngsten Studienergebnissen ist die Nutzung des Torpors – der den Stoffwechsel verlangsamt und die Körpertemperatur absinken lässt – bei endothermen Tieren (d.h., dass Tiere ihre Körpertemperatur konstant halten können) nicht so saisonal, wie allgemein angenommen. Es wird davon ausgegangen, dass der flexible Einsatz des Torpors von Vorteil ist, wenn sich Arten an den Klimawandel anpassen müssen.
Das Forschungsthema unterstreicht, dass die globale Erwärmung die Arten unterschiedlich beeinflusst: Zebrafinken (Wüstenvögel) sind auf Hitzewellen gut vorbereitet, sofern ausreichend Wasser vorhanden ist. Allerdings scheint Kälte für diesen Vogel eine Herausforderung zu sein. Bei südafrikanischen Erdferkeln sind sommerliche Dürreperioden mit einer verringerten Nahrungssuche und einer erhöhten Mortalität verbunden. Darüber hinaus konzentriert sich das Forschungsthema auch auf das Phänomen, dass sich der Klimawandel und extreme Wetterereignisse auch während der Entwicklung von Lebewesen ausgeprägte Auswirkungen haben können. So können sich Tiere an klimatische Bedingungen, denen sie in jungen Jahren ausgesetzt waren, anpassen.
„Wir hoffen, dass dieses Forschungsthema eine solide Plattform für multidisziplinäre Forschungsbemühungen bietet, die erforderlich sind, um die Herausforderungen und Kapazitäten für die Anpassung an den Klimawandel im 21. Jahrhundert und darüber hinaus zu verstehen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen“, so Sylvain Giroud.