Wissenschaftler übertragen IT-Wissen auf die Lebensmittelbranche

Mit intelligenten Geräten wie einer Smartwatch oder einer AR-Brille wird der Schneidevorgang analysiert.

Digitalisierung und Industrie 4.0 ist derzeit in aller Munde. Sie bezeichnet die intelligente Vernetzung von Maschinen und Abläufen in der Industrie mit Hilfe digitaler Technologien.
Beim Fokustag „Where food meets IT“ der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe wurde die Frage beleuchtet, wie Industrie 4.0 die Lebensmittelindustrie verändern kann. Wie kann ich mit geeigneten Sensoren und zielgerichteter Datenauswertung die Qualität der Produkte kontinuierlich überprüfen und verbessern? Sind autonom gesteuerte Prozesse in der Produktion mit Künstlicher Intelligenz (KI) heute schon realisierbar? Welche digitalen Lösungen unterstützen eine Minimierung von Lebensmittelabfällen? Alle diese Fragen beinhalten IT-Themen, mit denen sich tagtäglich die Forscher am Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) beschäftigen und somit als Experten am Fokustag viel Input liefern konnten.

Foto: HS OWL

Professor Carsten Röcker, stellvertretender Institutsleiter am inIT, stellte beispielsweise die Chancen und Herausforderungen digitaler Assistenzsysteme im Lebensmittelbereich vor. Die Arbeitswelt befindet sich in einem Wandel. Durch Assistenzsysteme können Aufgaben, zum Beispiel in der Produktion, automatisch übernommen oder der Mitarbeiter angeleitet werden. „Industrielle Assistenzsysteme sollen zu einer kognitiven Entlastung der Mitarbeiter beitragen“, so Professor Röcker. Doch wie lassen sich die Erkenntnisse auf den Lebensmittelbereich übertragen? Das wird am inIT mit dem Projekt „FoodAssist: Basistechnologien für Zerlege-Assistenzsysteme im Lebensmittelbereich“ erforscht. Ziel des Projektes ist die Untersuchung der Übertragbarkeit und Anwendbarkeit existierender Lösungsansätze in dem Bereich der Fleischzerlegung. „In vielen Fleischereibetrieben gibt es eine hohe Fluktuation an Arbeitskräften. Daher müssen immer wieder neue Mitarbeiter eingearbeitet werden.

Mit Assistenzsystemen könnten diesen interaktiv die Schnittführungen vermittelt werden

Dies würde auch sprachliche oder kulturelle Barrieren abmildern“, nennt Röcker nur einen der Vorteile. Das Projekt steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Da Fleisch ein natürliches Produkt mit einer hohen Varianz ist, ist eine extrem hohe Genauigkeit der Schnittführung notwendig. Röcker erklärt: „Aktuell beschäftigen wir uns mit der Analyse der Arbeitssituation, des Schneidevorgangs und des Blickwinkels der Arbeiter. Dann müssen wir schauen, inwieweit die Fleischzerlegung wirklich durch Assistenzsysteme unterstützt werden kann.“

Foto: inIT

Auch Professorin Helene Dörksen, Vorstandsmitglied im inIT, brachte in einem Impulsvortrag ihre fachliche Expertise mit ein. Sie betrachtete intelligente Authentifikationssysteme für die Lebensmittelanalyse. Anand von Daten kann zum Beispiel der Reifegrad von Obst bestimmt werden. Passende Algorithmen analysieren die Daten und können so menschliche Fähigkeiten übernehmen. Was man erhält, ist ein Abbild eines physikalischen Objekts in eine datentransformierte Information. Authentifikationsmethoden liefern transparente Ergebnisse, haben eine hohe Präzision und Robustheit sowie Echtzeitfähigkeit. „Wir können mit Hilfe von Authentifikationssystemen zum Beispiel spezifische Bio-Komponenten wie Hormone oder Proteine analysieren. Zu den Datenquellen der Lebensmittelproduktion gehören die Qualitätskontrolle oder die Hygienekontrolle“, beschreibt Professorin Dörksen.

Foto: inIT

In Lemgo sitzt gebündelte Expertise, um die Digitalisierung der Lebensmittelindustrie voranzutreiben. „Der Fokustag hat wieder einmal deutlich gemacht, wie viel die Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen wert ist. Wichtig ist aber immer, dass wir die Digitalisierung nicht zum Selbstzweck vorantreiben wollen. Es muss immer ein nutzbringender Zweck dahinterstehen und zum Beispiel eine Produktion effektiver machen. Wir merken, dass immer mehr Unternehmen das Potential und die Chancen der Digitalisierung sehen und so Kooperationen entstehen“, freut sich der Institutsleiter Professor Volker Lohweg.