Der ursprünglich im gemäßigten und tropischen Südostasien beheimatete Asiatische Bambusbockkäfer kommt inzwischen auch in Europa in höherer Zahl vor. Das hat ein internationales Team unter der Leitung von Forschenden des Centrums für Naturkunde der Universität Hamburg herausgefunden: Nicht-einheimische Arten können eine Bedrohung für Ökosysteme darstellen. Daher sind die steigenden Zahlen neu erfasster gebietsfremder Arten sowohl für Forschende als auch für nationale oder internationale Institutionen von großer Bedeutung. Eine der vielen nicht einheimischen Arten, für die es derzeit keine effizienten und koordinierten Erfassungsmaßnahmen gibt, ist der Asiatische Bambusbockkäfer (Chlorophorus annularis).
Während eines Feldpraktikums für Studierende der Universität Hamburg, das wegen der Corona-Reisebeschränkungen innerhalb von Hamburg stattfand, entdeckte ein Team des Centrums für Naturkunde (CeNak) einen Käfer, der später als Asiatischer Bambusbockkäfer identifiziert wurde. Bei der Recherche auf verschiedenen Citizen-Science-Plattformen wurde klar, dass es viele weitere Funde in Europa gab. Die Forschenden nahmen Kontakt zu den Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern auf und baten sie um zusätzliche Sammlungsdetails und Bilder. Daraufhin bestätigten die Forschenden formell das Vorkommen des Asiatischen Bambusbockkäfers in Belgien und den Niederlanden.
Insgesamt meldeten sie dreizehn neue Einschleppungen der Art in Europa, was einem Anstieg der Nachweise der Art auf dem Kontinent um 42 Prozent entspricht. Das im gemäßigten und tropischen Südostasien beheimatete Insekt ernährt sich von einer Vielzahl von Pflanzen, bevorzugt aber von Bambus. Durch den internationalen Handel hat das mit dem Holz „reisende“ Insekt sein Verbreitungsgebiet weltweit kontinuierlich erweitert. Sein erstes Auftreten in Europa wurde bereits 1924 in England verzeichnet.
„Angesichts des sich erwärmenden Klimas und einer zunehmenden Fülle von Bambus-Zierpflanzen in Europa könnte sich der Käfer dauerhaft etablieren. Er könnte nicht nur ein Gartenschädling werden, sondern auch der bambusverarbeitenden Industrie erhebliche Kosten verursachen“, kommentiert Dr. Matthias Seidel, Käferspezialist am CeNak und Erstautor der Studie.
Nachdem die Forschenden das Potenzial von Citizen Science zur Überwachung invasiver Arten erkannt haben, schlagen sie nun vor, spezialisierte Plattformen einzurichten, um Bürgerwissenschaftler mit nicht-einheimischen Arten vertraut zu machen und ihnen bessere Berichtswerkzeuge zur Verfügung zu stellen. Ziel ist es, die Identifizierung wichtiger gebietsfremder Arten zu beschleunigen, indem Funde über bestimmte Arten gesammelt und regelmäßig von anderen Citizen-Science-Datenbanken und Plattformen exportiert werden.
Wissenschaftler des CeNak sind diesbezüglich bereits aktiv geworden. Sie bauen derzeit ein bildreiches Webportal zur Information und Früherkennung von gebietsfremden Tierarten in Hamburg auf, das in den kommenden Monaten online gehen soll. Die Erhebung von Daten bezieht die Mitarbeit von Bürgerinnen und Bürgern mit ein. Sie können Fundorte und Bildmaterial über die Website melden. Das Webportal soll auch als Frühwarnsystem für neu ankommende, vor allem potenziell schädliche Arten dienen. Die Umweltbehörde Hamburg bekommt direkten Zugang zu den Daten, um schnell Maßnahmen ergreifen zu können.