Die Fahrt mit den Öffentlichen in Berlin bleibt auch während der Corona-Pandemie sicher – für Fahrgäste und Fahrpersonal. Das belegt eine aktuelle Studie des Fachgebiets Experimentelle Strömungsmechanik der Technische Universität Berlin sowie des Labors für Biofluidmechanik der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Ein Team von Wissenschaftler um Prof. Dr.-Ing. Christian Oliver Paschereit und PD Dr.-Ing. Ulrich Kertzscher hatten im Auftrag der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) experimentell die Ausbreitung von Aerosolen in verschiedenen Berliner U-Bahnen, Trams und Bussen untersucht.
Hierfür nutzten die Forscher künstlichen Theaternebel sowie Aerosolmessungen, bei denen virenbehaftete Atemluft simuliert und von menschenähnlichen Puppen eingeatmet wird. So konnten sie feststellen, dass die Fahrzeuglüftung sowie das gezielte Öffnen von Fenstern und Türen für eine effektive Reduktion der Aerosolkonzentration um bis zu 80 Prozent sorgen. Bei der Untersuchung nicht einbezogen wurde der zusätzliche, positive Einfluss von medizinischen Masken, wie sie derzeit von den Fahrgästen getragen werden. Das Volumen eines Busses zum Beispiel entspricht in etwa dem eines mittelgroßen Konferenzraumes. Das Öffnen der Türen an jeder Haltestelle wäre damit vergleichbar, während einer Besprechung etwa alle eineinhalb Minuten die Fenster zu öffnen. Zusätzlich sind die Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr oft nur wenige Minuten in den Fahrzeugen unterwegs.
Prof. Dr.-Ing. Christian Oliver Paschereit, Leiter des Fachgebiets Experimentelle Strömungsmechanik an der TU Berlin: „Es hat uns sehr gefreut, dass unsere neu entwickelte Messtechnik dazu beitragen konnte, die Ausbreitung von Aerosolen im öffentlichen Nahverkehr und damit das Ansteckungsrisiko mit SARS-CoV-2 zu beurteilen. Wir konnten hier zeigen, dass die Belüftungsanlagen als auch das Öffnen der Fenster und Türen die Aerosolkonzentration in den betrachteten Verkehrsmitteln sehr deutlich reduzieren.“
PD Dr.-Ing. Ulrich Kertzscher, Leiter des Labors für Biofluidmechanik an der Charité: „Es war eine spannende Herausforderung, unser Messsystem in den verschiedenen Fahrzeugtypen im Fahrbetrieb einzusetzen. Dass die Messergebnisse so positiv ausgefallen sind, hat uns tatsächlich überrascht, aber natürlich auch sehr gefreut. Wie erwartet müssen Maßnahmen ergriffen werden, aber das Öffnen der Fenster und Türen in Kombination mit den Belüftungsanlagen in den Bussen und Zügen reduzieren die Aerosolausbreitung deutlich.“ Eva Kreienkamp, Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG): „Es freut mich sehr, dass diese Studie nun allen unseren Fahrgästen und Mitarbeiter*innen bestätigt: die Nutzung von Bussen und Bahnen stellt kein erhöhtes Ansteckungsrisiko dar. Mit Maske, Abstand und guter Lüftung sind wir weiterhin gemeinsam sicher unterwegs.“
Dr. Manuela Huetten, leitende Betriebsärztin und Pandemiebeauftragte der BVG: „Es war uns ein besonderes Anliegen, dass auch die Wirksamkeit der Trennscheiben in unseren Bussen unter Corona-Aspekten wissenschaftlich überprüft wird. Anders als bei U-Bahn und Tram sitzen unsere Fahrpersonale in unseren Bussen nicht in einer Kabine. Die Studie zeigt, dass die neu eingebauten Trennscheiben effektiv die Ausbreitung von Aerosolen aus dem Fahrgastraum zum Fahrpersonal verhindern und dieses gut abschirmen. In Kombination mit der Fahrerraumlüftung ergibt sich so aus arbeitsmedizinischer Sicht ein Höchstmaß an Sicherheit am Arbeitsplatz.“
Trotz einer Nachfrage von aktuell nur rund 45 Prozent der vergleichbaren Vor-Corona-Zeiträume fahren Busse und Bahnen der BVG weiterhin das volle Angebot, im Schülerverkehr und auf einer Reihe von Buslinien sogar mit zusätzlichen Leistungen. So ist besonders viel Platz in den Fahrzeugen. Dort, wo technisch möglich, öffnen die Türen der Züge und Busse an allen Haltestellen automatisch. Die Erkenntnisse aus der Studie werden nun genutzt, um Lüftung und Fensteröffnung in den einzelnen Fahrzeugen noch gezielter zur Reduktion von möglichen Aerosolkonzentrationen einzusetzen.
Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Nahverkehr verpflichtend
Die Fahrgäste in Bus und Bahn sind durch medizinische Masken und regelmäßigen Luftaustausch geschützt. Als erstes Bundesland hatte Berlin im April 2020 zur Eindämmung der Corona-Pandemie das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Nahverkehr verpflichtend gemacht. Seit Januar 2021 ist eine medizinische Maske vorgeschrieben, etwa OP-Masken oder Masken nach dem FFP2- oder KN95-Standard. Im Juli 2020 führte die BVG als erstes Nahverkehrsunternehmen Deutschlands eine von behördlichen Bußgeldern unabhängige Vertragsstrafe in Höhe von 50 Euro bei Verstößen gegen die Maskenpflicht ein. Mit täglich zwischen rund 97 und 99 Prozent ist die „Maskendisziplin“ der Berliner Fahrgäste bereits seit Monaten erfreulich hoch.