Fraunhofer: Autonomes Fahren in der Stadt

Innerstädtisches Szenario in einer Closed-Loop-Simulation für autonomes Fahren. IPG Automotive GmbH

Bevor automatisierte Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein können, muss ihre Sicherheit gewährleistet sein. Dafür braucht es zahlreiche Tests in der Simulation, denn nicht alle Situationen lassen sich im realen Verkehr erproben. Im Projekt SET Level arbeitet das Fraunhofer LBF mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft an einer effizienten Simulationstechnologie. Diese soll flexibel für unterschiedliche Anwendungen und Stufen in der Fahrzeugentwicklung einsetzbar sein, einen nennenswerten Anteil von Fahrtests in die Simulation verlagern und damit Freigabe- und Zulassungsverfahren absichern und verkürzen. 

Erste praxistaugliche Lösungen wurden anhand von simulierten Verkehrsszenarien am 29. April 2021 auf dem virtuellen Halbzeitevent des Projektes vorgestellt. Mehr als 300 interessierte Besucher waren gleichzeitig eingewählt. Das internationale Publikum bestand aus Fach- und Führungskräften aus den Bereichen Automobilbau und -zulieferer, IT, Simulation und Forschung.

Closed-Loop-Simulation bewertet Wechselwirkung von Fahrzeugsystem und automatisierten Fahrfunktionen: Forschende aus dem Fraunhofer LBF stellten die Möglichkeiten vor, in einer Closed-Loop-Simulation die Wechselwirkung von Fahrzeugsystemen und automatisierten Fahrfunktionen in einer szenarienbasierten Testumgebung zu testen. So können automatisierte Fahrfunktionen effizient mit unterschiedlichen Antriebsträngen, Lenk- oder Bremssystemen mit unterschiedlichen Fahrzeugeigenschaften erprobt werden. Durch spezifische Schnittstellen können Systemmodelle aus Matlab/Simulink in die virtuellen Prüfumgebungen eingebunden werden und dabei die Standardnachrichten des ASAM Open Simulation Interface (OSI) implementieren.

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Dies ermöglicht es dem Systementwickler, vollständig in seiner gewohnten Umgebung zu arbeiten. Auf unterschiedliche Anforderungen des jeweiligen Systemtests in Hinblick auf die Genauigkeit und Simulationsgeschwindigkeit wird innerhalb der Closed-Loop-Simulation mit unterschiedlichen Detailgraden der Teilmodelle reagiert. »So kann zum Beispiel ein Fahrzeug durch eine einfache Kinematik dargestellt werden, um Routenplanung oder Einparkmanöver zu testen, während für die Erprobung sicherer Spurwechsel oder Ausweichmanöver auf der Autobahn ein komplexeres Modell der Fahrdynamik und Aktorik eingesetzt wird«, erläutert Riccardo Bartolozzi, Wissenschaftler am Fraunhofer LBF.

Herausforderungen für das sichere autonome Fahren: Vollautomatisierte (VDA Level 4) und fahrerlose/autonome (VDA Level 5) Fahrfunktionen sind in den letzten Jahren weltweit ein Schwerpunkt der Forschung und Entwicklung geworden. Sie gelten als vielversprechender Lösungsansatz für die Herausforderungen straßenbasierter Mobilität: die Steigerung der Verkehrseffizienz, Erhöhung der Verkehrssicherheit sowie Emissionsreduktion. Eine Schlüsselrolle kommt dem Thema Absicherung zu. Da bei Level 4- und Level 5-Systemen der Fahrer nicht mehr durchgängig und innerhalb notwendiger Reaktionszeiten als Rückfallebene zur Verfügung steht, muss die Automation alle erdenklichen Verkehrssituationen und potenziellen Gefährdungen selbst abfangen und sicher behandeln.

Der Sicherheitsnachweis, dass die Automation dazu in der Lage ist, kann aber mit heutigen Methoden weder mit Hilfe von Simulationen noch mit Realfahrten erbracht werden. Bei SET Level sollen Simulationsplattformen entwickelt werden, mit denen kostengünstig und flexibel automatisierte und vernetzte Fahrfunktionen im städtischen Bereich getestet werden können.