Acht Nationen forschen im Projekt BIOMAT gemeinsam an der Entwicklung nachhaltiger Schaumstoffe und Verbundwerkstoffe mit einem hohen Anteil nachwachsender Rohstoffe. Die Hochschule Kaiserslautern bringt hier die Expertise von drei Forschenden vom Campus Pirmasens ein. Neben Deutschland sind in diesem Projekt aus dem EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation Horizon 2020 Frankreich, Großbritannien, Israel, Italien, Lettland, Portugal und Spanien beteiligt.
Die Menge der, bei der Herstellung von Schaumstoffen erzeugten, Treibhausgase um 30 – 50 Prozent zu senken und mehr als die Hälfte des verwendeten Materials durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen, ist Ziel des Projekts. Dass dabei Nanofüllstoffe auf der Basis von Abfallstoffen aus der Agrarindustrie, wie z.B. Reisspelzen, die ansonsten keine weitere Verwendung hätten, genutzt werden, verbessert die Nachhaltigkeitsbilanz zusätzlich. Als weiterer Nachhaltigkeitsaspekt sollen gleichzeitig Materialeigenschaften wie Haltbarkeit verbessert werden.
Um hierbei und bei der Entwicklung weiterer Verbundwerkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen erfolgreich zu sein, bringt das ebenfalls international besetzte Team vom Fachbereich Angewandte Logistik- und Polymerwissenschaften am Hochschul-Campus Pirmasens seine je eigene Forschung ein. Prof. Dr. Luisa Medina aus Spanien forscht im Bereich der Faserverbundwerkstoffe an der Hybridisierung von pflanzlichen Naturfasern mit Hochleistungs-Naturfasern. Sie kombiniert Pflanzenfasern wie Flachs, Hanf und Kenaf, die ein großes Potential als Verstärkung aufweisen, jedoch begrenzte mechanische Eigenschaften haben, mit anorganischen Hochleistungs-Naturfasern aus Basalt. Mit diesen mineralischen Naturfasern aus basaltischen Naturgesteinen ist es möglich, einen Verbund mit einem hohen Eigenschaftsprofil herzustellen, ohne dabei den Anteil an nachwachsenden Rohstoffen zu verringern.
Prof. Dr. Gregor Grun beschäftigt sich in seinem Forschungsgebiet mit der Frage, wie polymere Werkstoffe nachhaltiger gestaltet werden können, um den Einfluss auf die Umwelt wie z.B. ihren CO2-Fußabdruck zu verringern. Eine wichtige Werkstoffklasse, die in unserem täglichen Leben allgegenwärtig ist, ist die Werkstoffklasse der Polyurethane, die z.B. in verschleißfesten Oberflächen im Automobil, in Hochleistungs-Klebstoffen oder auch in Schaumstoffen für Matratzen eingesetzt werden. Hier möglichst hohe Anteile nachwachsender Rohstoffe einzusetzen und gleichzeitig die Materialeigenschaften durch Nanofüllstoffe zu verbessern, ist das Ziel der Untersuchungen.
Der Polymerchemiker, Prof. PhD Sergiy Grishchuk aus der Ukraine leitet das Projekt auf Seite der Hochschule und freut sich nicht nur über die rund 1,3 Mio. € Projektmittel, die eingeworben werden konnten, sondern auch über den gesamten Mehrwert für die Hochschule: „Die Möglichkeit des interdisziplinären Austauschs in einem solchen internationalen Forschungsteam, steigert das Innovations- und Forschungspotential an der Hochschule, wovon auch die Qualität in der Lehre profitiert.“
In seiner Umsetzung an der Hochschule Kaiserslautern unterstützt wird das Projekt von Dr. Jessica Weyer aus dem Referat Forschung und Projektkoordination der Hochschule. Sie begleitet in ihrer Funktion als EU-Referentin für Forschung internationale Forschungsprojekte. Als Teil des internationalen Gesamtprojekts, bei dem insgesamt 12 Servicestellen bei unterschiedlichen Projektpartnern etabliert werden, um einen sichtbaren Beitrag zur Umsetzung der europäischen Nachhaltigkeitsstrategie zu leisten, wird am Campus Pirmasens der Hochschule Kaiserslautern eine Service-Stelle für die Entwicklung von neuen biobasierten Weichschaumstoffen für Matratzen und Polstermöbel aufgebaut. Dafür wird eine spezielle Verarbeitungsanlage installiert. Ein spezifisches Design der Anlage wird eine sparsame und effektive Entwicklung von neuen Schaumstoff-Formulierungen sowie Testung von neuen Biopolyolen und Additiven ermöglichen.
Außerdem werden die Dosierlinien so ausgelegt, dass nicht nur die Entwicklung von weichen Schäumen, sondern auch von Hartschäumen und nicht aufgeschäumten Polyurethanformulierungen ermöglicht wird, um ein breiteres Servicespektrum für mehrere Industriebranchen anbieten zu können. Ein weiterer Vorteil der Anlage ist, dass die Verarbeitungsparameter nahezu identisch zu solchen an den industriellen Herstellungsanlagen realisierbar sind, was einen einfachen Technologietransfer und ein unkompliziertes Hochskalieren auf das Industrie-Niveau ermöglicht. Außerdem wird die Anlage für die Lernzwecke und Ausbildung von qualifiziertem Personal zur Verfügung stehen.