„Die Belastung der Umwelt mit Mikroplastik gehört zu den großen globalen Problemen der Gegenwart. Mit unserer Forschung leisten wir einen innovativen Beitrag für eine nachhaltige Lösung dieses Problems. Ich freue mich sehr über den Erfolg der Universität in der neuen Förderlinie und gratuliere allen Beteiligten sehr herzlich“, sagt Prof. Dr. Michael Bölker, Vizepräsident für Forschung und Internationales an der Philipps-Universität Marburg.
UV-Licht lässt Mikroplastik leuchten
Dr. Marina Gerhard aus dem Fachbereich Physik bringt Mikroplastikteilchen mit UV-Licht zum Leuchten und erforscht, wie genau man mit dieser relativ kostengünstigen Messmethode Mikroplastik nachweisen kann. Das Projekt „Identifikation von Mikroplastik mit Photolumineszenz-Anregungsspektroskopie“ wird für zwei Jahre mit insgesamt gut 220.000 Euro gefördert.
Mikroplastik belastet die Umwelt, vergiftet die Meere und beschleunigt das Artensterben. Um die Belastung zu verringern, sind präzise Analysemethoden zu Art und Herkunft der Plastikteilchen nötig. Bisherige Verfahren sind teuer und kommen deshalb kaum zum Einsatz. Ziel des Projektes ist ein potenziell sehr kostengünstiger Ansatz, der eine besondere Eigenschaft von Plastik-Materialien nutzt: Sie leuchten – genauer: lumineszieren – unter Anregung mit ultraviolettem Licht, und zwar je nach Farbe des anregenden Lichts und materialspezifischen Eigenschaften unterschiedlich. Mit der Lumineszenz-Anregungsspektroskopie können Materialien deshalb identifiziert werden.
„Der große Vorteil von Lumineszenzmessungen liegt darin, dass sie technisch nicht so anspruchsvoll sind wie bislang etablierte Verfahren zur Untersuchung von Mikroplastik. Sie liefern uns aber andererseits auch nicht immer ganz eindeutige Ergebnisse in Bezug auf die Materialsorte. Die Herausforderung dieses Projekts besteht also darin, die Methode so weiterzuentwickeln, dass sie materialspezifische Details sichtbar macht“, sagt Dr. Marina Gerhard. Die Physikerin tritt zum 1. September eine Tenure-Track-Professur am Fachbereich Physik der Philipps-Universität an. Ist ihr Projekt erfolgreich, wären idealerweise auch größer angelegte Studien zur Verteilung von Mikroplastik möglich.
Woher kommt das Mikroplastik in der Lahn?
Mikroplastik gerät durch Kosmetika und andere Gebrauchsprodukte oder durch die Zersetzung von Plastikmüll in die Umwelt. Das Projekt will einerseits die Zersetzung von Kunststoffpartikeln und andererseits die Verteilung von Mikroplastik in der Umwelt im Computer simulieren und experimentellen Daten und Messungen gegenüberstellen. Konkret soll der Zerkleinerungsprozess von acht verschiedenen Basispolymeren in Laborexperimenten untersucht und die Mikroplastikbelastung in der Lahn über eine Länge von 30 Kilometern ermittelt werden. Sollte die Modellbildung erfolgreich sein, wäre das der erste Schritt zu einem Vorhersagesystem hinsichtlich der zu erwartenden Belastung der Umwelt mit Mikroplastik.