Artenreiches Grünland beherbergt auch im Boden viele Arten von Mikroorganismen, die im Zusammenspiel mit den Pflanzen die knappe Ressource Phosphor effizient nutzen. Dies fand die Geoökologin Professorin Yvonne Oelmann aus dem Fachbereich Geowissenschaften der Universität Tübingen gemeinsam mit einem internationalen Forschungsteam heraus. Für die Landwirtschaft könnten die Erkenntnisse ein Anreiz sein, die Artenvielfalt zu fördern. Denn Phosphor wird ins Grünland vielfach als kostenintensiver Dünger eingebracht, dessen Einsatz sich durch die Förderung der ober- und unterirdischen Artenvielfalt reduzieren ließe.
Bei Grünland handelt es sich um Wiesen oder Weiden, also um landwirtschaftliche Flächen, auf denen krautige Pflanzen und Gräser für die Beweidung oder Mahd in der Viehhaltung angebaut werden. Es war bereits bekannt, dass in einer Grünlandmischung mit vielen Pflanzenarten die Pflanzen besser wachsen und die Nährstoffe effizienter nutzen. „Dadurch wird unter anderem auch die Auswaschung des Grundwasserschadstoffs Nitrat reduziert“, erläutert Yvonne Oelmann. Sie hat untersucht, ob die Artenvielfalt auch Einfluss auf das für das Pflanzenwachstum wichtige Phosphor hat und welche Rolle Bodenmikroorganismen dabei spielen.
Stabile Ergebnisse
„Bisher stammen viele Hinweise auf die Effekte der Artenvielfalt aus Experimenten, in denen die Artenzahl der Pflanzen variiert wird, während alle anderen Umgebungsbedingungen möglichst konstant gehalten werden“, sagt Oelmann. „Gerade diese Umgebungsbedingungen werden aber bei der landwirtschaftlichen Nutzung des Grünlandes in Mitteleuropa beispielsweise durch die Düngung immer wieder verändert.“ Das Forschungsteam habe daher wissen wollen, ob mögliche positive Auswirkungen der Artenvielfalt auf den Phosphorkreislauf über den Einfluss der landwirtschaftlichen Nutzung hinaus Bestand haben.
Die Untersuchungsgebiete waren experimentell genutztes Grünland und landwirtschaftlich genutzte Grünlandflächen. Oelmann und das Team erhoben jeweils die Artenvielfalt der Pflanzen und Mikroorganismen sowie die Nutzung des Phosphors. „Mit Zunahme der Artenvielfalt der Pflanzen auf dem experimentellen Grünland wurde der Phosphor besser verwertet“, fasst die Wissenschaftlerin die Ergebnisse zusammen. Auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen hätten die Bearbeitungsmaßnahmen einige der Prozesse überlagert, die im Experiment belegt werden konnten.
„Doch auch dort schnitten artenreiche Grünlandflächen bei der Phosphorverwertung besser ab als artenarme“, sagt Oelmann. „Schon eine relativ geringe Erhöhung der Artenvielfalt der Pflanzen durch Einsaat könnte den Bedarf an Dünger reduzieren und zugleich das Risiko von Ertragseinbußen verringern.“ Sie sieht darin eine Win-win-Situation, in der sich die Ansprüche der Landwirtschaft und des Naturschutzes besser vereinen lassen.