Für Hummeln, die einen wesentlichen Beitrag zur Bestäubung von Nutzpflanzen leisten, verstärken Landnutzungsänderungen die Risiken, denen sie durch den Klimawandel ausgesetzt sind. Ein intelligentes Landmanagement dagegen könnte einige Arten stabilisieren. Das zeigen Langzeitsimulationen, die Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gemeinsam mit Partnern aus Italien durchgeführt haben.
Das globale Nahrungsmittelsystem profitiert stark durch die Bestäubung durch Insekten – mit mehreren Milliarden Euro beziffert die Europäische Kommission diese Ökosystemleistung für Europa. Eine wichtige Rolle spielen dabei unter anderem Wildbestäuber wie Hummeln, deren Ausbreitungsgebiete sich durch den Klimawandel verändern werden. „Frühere Studien zeigen, dass bei mehr als der Hälfte der europäischen Hummelarten inzwischen die Populationen sinken“, sagt Dr. Reinhard Prestele, vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU), dem Campus Alpin des KIT in Garmisch-Partenkirchen.
„Allerdings setzt nicht nur das Klima den Hummeln zu, auch Landnutzungsänderungen können Populationen bedrohen.“ Die Risiken einer intensiven Landwirtschaft etwa seien zwar bekannt, bislang seien sie aber in kontinentalen Betrachtungen nicht ausreichend vom Klimawandel differenziert worden. Diese Arbeit leisteten nun Forschende des KIT gemeinsam mit Partnern vom Joint Research Centre (JRC) der Europäischen Kommission in Ispra (Italien), indem sie die Auswirkungen von Landnutzungsveränderungen auf die zukünftige Verbreitung europäischer Hummeln simulierten.
Modelle zeigen mögliche Entwicklungspfade
Für ihre Studie berechneten die Forschenden die potenzielle Verbreitung von 47 europäischen Hummelarten für die Jahre 2050 und 2080 in sieben Szenarien, welchen unterschiedliche Annahmen über zukünftige Klima- und Landnutzungsänderungen in Europa zugrunde liegen. „Wir haben die Projektionen eines konstanten Klimas mit einer dynamischen Landnutzung einer gegenteiligen Konstellation gegenübergestellt“, erklärt Penelope Whitehorn (IMK-IFU). „Dabei wurde zwar deutlich, dass Klimaveränderungen sich insgesamt am stärksten bemerkbar machen und viele Hummelarten existenziell bedrohen.
Vor allem aber einige seltene Arten sind in manchen Szenarien von Landnutzungsänderungen genauso schwer betroffen wie vom Klimawandel.“ Neben dem Verlust von Lebensraum spielt dabei auch der exzessive Gebrauch von Dünger und Pestiziden eine Rolle. „Hier konnte in anderen Studien bereits gezeigt werden, dass Kolonien langsamer wachsen und auch weniger Königinnen produzieren“, so Whitehorn.
Schutz durch intelligentes Landmanagement
Die Simulationen zeigen aber auch einen Hoffnungsschimmer für bedrohte Hummelarten. Entschiedener Klimaschutz gepaart mit einem intelligenten Landmanagement, etwa mit größeren Anteilen ökologischen Landbaus und geschützten Rückzugsräumen, könnte voraussichtlich zur Stabilisierung einiger Hummelarten auch bei moderatem Klimawandel beitragen. Um entsprechende Schutzstrategien zu entwickeln, werde aber noch weitere Forschung benötigt, betont Prestele. „Für konkrete Erkenntnisse darüber, was helfen könnte, benötigen wir noch eine bessere Abbildung von spezifischen ökologischen Prozessen in unseren Modellen.
Etwa zu den Fragen, welche Rolle kleinräumige Habitate in landwirtschaftlich geprägten Landschaften spielen und wie genau sich unterschiedliche Bewirtschaftungsmethoden auf den Lebenszyklus von Hummelkolonien auswirken.“ Aus Langzeitsimulationen zu Landnutzungsänderungen könnten aber nicht nur Schutzmaßnahmen für Hummeln abgeleitet werden. „Unser Ansatz lässt sich auch auf andere wichtige Wildbestäuber wie Wildbienen und Wespen übertragen“, so Prestele.