Anfang Juli dieses Jahres hat ein neues Leibniz-Strategieforum „Technologische Souveränität“ seine Arbeit aufgenommen. Mehrere Leibniz-Einrichtungen haben diese Initiative angestoßen, um interdisziplinäre Beiträge der Leibniz-Gemeinschaft zu Schlüsseltechnologiefeldern entlang der Innovationskette zu erarbeiten. In den kommenden zwei Jahren werden die beteiligten Institute in einen Austausch innerhalb der Leibniz-Gemeinschaft sowie mit weiteren Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik treten, um eine Strategie zur Weiterentwicklung wichtiger Technologiefelder zu entwickeln. Das Leibniz-Institut für Kristallzüchtung (IKZ) übernimmt dabei die Koordinierungs- und Sprecherfunktion.
Jahrzehntelang hat die Globalisierung die Weltwirtschaft geprägt; heute werden jedoch auch Risiken der damit verbundenen Abhängigkeiten immer deutlicher. Ein aktuelles Beispiel ist die Verknappung der Chiplieferungen vor allem aus dem asiatischen Raum, die in Europa massive wirtschaftliche Schäden verursacht hat. Der Zugang zu eigenen Schlüsseltechnologien ist daher eine der wichtigsten Grundlagen für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Widerstandskraft Deutschlands und Europas.
Sowohl die Europäische Kommission als auch die Bundesregierung stellen die technologische Souveränität in den Mittelpunkt ihrer innovationspolitischen Programme. Mit dem Strategieforum soll das innovationspolitische Potential der Leibniz-Gemeinschaft sichtbar gemacht und im Bereich technologischer Schlüsselfelder die Beiträge der Leibniz-Gemeinschaft zu übergreifenden, europäischen Lösungskonzepten erarbeitet und positioniert werden.
Das Programm des Leibniz-Strategieforums „Technologische Souveränität“ besteht darin, die Beiträge von Leibniz-Instituten zu Wertschöpfungsketten von Schlüsseltechnologiefeldern gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft, und Politik zu erarbeiten und diese in europäische Lösungskonzepte einzubringen. „Bei der thematischen Ausrichtung orientieren wir uns an den im Impulspapier zur technologischen Souveränität „Technologisch souverän die Zukunft gestalten“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung formulierten Leitinitiativen und bilden dazu Cluster von Leibniz-Instituten, in denen wichtige Teile der jeweiligen Wertschöpfungskette miteinander verzahnt werden“, erklärt Thomas Schröder, wissenschaftlicher Direktor des IKZ. Momentan werden sechs Themencluster eingerichtet: Gesundheitstechnologien, Künstliche Intelligenz, Materialien für Digitalisierung, Quantentechnologien, Wasserstoffwirtschaft und Zukunftskommunikation.
Die technologische Souveränität muss auf den gemeinsamen europäischen Werten wie Freiheit, Rechtstaatlichkeit und Nachhaltigkeit beruhen. Sie erfordert die Vernetzung entlang der Wertschöpfungskette von zentralen Schlüsseltechnologien durch einen tiefgreifenden Ansatz, der auch die Bewältigung grundlegender wissenschaftlicher Herausforderungen einschließt.
Für Leibniz-Präsident Matthias Kleiner hat das neue Leibniz-Strategieforum eine wichtige gesellschaftliche Dimension: „In der Corona-Pandemie haben uns unterbrochene Lieferketten die Abhängigkeit unserer heimischen Wirtschaft von Zulieferern aus anderen Regionen der Welt etwa im Bereich der Mikroelektronik und medizinischer Versorgungsgüter eindringlich und schmerzhaft vor Augen geführt. Die Leibniz-Gemeinschaft möchte mit ihrer interdisziplinären Vielfalt und ihrer umfassenden Expertise in der komplexen Interaktion von Erkenntnisgewinnung und Transfer in die Anwendung bis hin zu Prototypen und ersten Kleinserien in zentralen Themenbereichen dazu beitragen, die Technologie-Souveränität Deutschland und Europa voranzubringen.“