Windows für Robotik: Innovationen für mehr Nachhaltigkeit

Anwendung der aufs Schweißen zugeschnittenen Wandelbots-Software Foto: Wandelbots

Der industrielle Wandel kann nur mit innovativer Produktionstechnik und den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung und Automatisierung bestritten werden“, mahnt Prof. Steffen Ihlenfeldt vom WGP-Institut für Mechatronischen Maschinenbau (IMD) der TU Dresden und Mitorganisator des Kongresses. Eine der Lösungen präsentierte Christian Piechnick, CEO und Mitgründer der Wandelbots GmbH in Dresden im Rahmen seiner Keynote. „Wir haben eine Software entwickelt, mit der Roboter viel einfacher und schneller programmiert werden können“, erläuterte er, „eine Anwenderoberfläche, die es jedem Menschen erlaubt, ganz einfach und günstig Robotertechnologien einzusetzen. Das birgt ein in weiten Teilen noch ungehobenes Potenzial für effiziente und nachhaltige Produktion.“

Piechnick und seine Mitgründer haben ein einheitliches und einfaches Treiberkonzept entwickelt. „Denken Sie an Windows“, erläuterte der Dresdner. „Computer waren vorher eine komplexe Technologie, schwer verständlich für den Laien und Softwareunternehmen fehlte der einfache Zugang. Microsoft hat dafür gesorgt, dass man PCs in jedem Haushalt und in jedem Unternehmen findet. Zum einen wurde eine einfach zu bedienende Benutzeroberfläche bereitgestellt, zum anderen wurde ein breit verwendetes Treiberkonzept eingeführt.

Dadurch musste sich der Bediener nicht mehr mit heterogener Hardware und deren Integration in ein Gesamtsystem beschäftigen. Einer der wichtigsten Beiträge war jedoch die Einführung einheitlicher Entwicklerwerkzeuge und -schnittstellen. Auf diese Weise können Millionen von Softwareentwicklern Lösungen bauen und bereitstellen. Genau das versucht Wandelbots für die Robotik zu etablieren. Dies umfasst neben der Software auch innovative Eingabegeräte.“

Die Demokratisierung der Robotik

Ein praktisches Beispiel: Ein Schweißer kann einen wie auch immer gearteten Schweißprozess mithilfe der neuen KI-gestützten Software aufzeichnen. Hierfür nutzt er den TracePen, der optisch einem Schraubenzieher ähnelt. Der Prozess wird einmal aufgezeichnet. Aus den Daten generiert die Software ein virtuelles Abbild der Aufgabe. Dieses kann dann auf einem iPad mithilfe der Wandelbots Software feinjustiert werden.

Die Software generiert daraus einen Skill für jeden beliebigen Roboter – und bindet zusätzlich noch seine Umgebung, also zum Beispiel Endeffektoren oder Sensoren, die er verwendet, mit ein. Quasi auf Knopfdruck übernimmt er vollautomatisch den vorgegebenen Schweißprozess. „Das ist die Demokratisierung der Robotik, weil nun nicht mehr nur große Unternehmen Großserien wie etwa im Karosseriebau einfach und günstig automatisieren können. Wir alle, vom Roboterhersteller über Systemintegratoren und Applikationshersteller bis hin zum Endkunden, können davon profitieren.“

Kleinen und mittelständischen Unternehmen könnte das neue Konzept einen kaum zu un-terschätzenden Schub verleihen. „Sie sind bisher abgehängt von der Automatisierung. Doch das wird sich mit unserer Technologie ändern, denn Technik ist gar nicht mehr das eigentlich Teure an den Robotern. Finanziell schlagen vor allem die Programmierer zu Buche.“

Mit dem „Windows für Roboter“ steht jedem eine universelle Plattform zur Verfügung, auf der unterschiedliche Hersteller zusammen an Lösungen bauen, die anschließend von jedem verwendet werden können. Damit werden völlig neue Möglichkeiten geschaffen. „So viele KI-Experten haben so viele tolle Ideen, die nicht umgesetzt werden können, weil sie Roboter nicht verstehen und programmieren können“, begeisterte sich Piechnick. „Das macht ganz viele der Ideen zunichte. Mit einer solchen Plattform sind der Phantasie der KI-Spezialisten künftig sehr viel weniger Grenzen gesetzt.“

Technologien nähern sich einander an

Nicht nur die Grenzen zwischen IT und Produktionstechnik verschwimmen immer mehr. Über die Konvergenz unterschiedlicher Technologien sprach der WGP-Professor Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Völlig unterschiedliche Forschungsgebiete nähern sich einander an. Unter anderem nannte Neugebauer die biologische Transformation. „Wir fangen gerade erst an zu erkunden, wie wir Prinzipien, Materialien und Strukturen der Natur für die Produktionstechnik nutzen können“, erläuterte der Produktionswissenschaftler.

„Mit der Konvergenz von Biologie, Informatik und Ingenieurwissenschaften wird eine nachhaltige und intelligente Produktion ermöglicht.“ Nur ein Beispiel: Das Verständnis von Ameisenkolonien und ihrer Schwarmarchitektur kann helfen, die Auslastung eines Produktionsprozesses zu optimieren und damit sowohl die Resilienz als auch die Ressourceneffizienz zu erhöhen.

Ihlenfeldt zeigte sich prinzipiell sehr erfreut über die Qualität der Beiträge. „Die Grenzen der Produktionstechnologien werden immer weiter verschoben. Aus den Beiträgen und Gesprächen zu Robotik, innovativen spanenden und umformenden Werkzeugmaschinen und Verfahren, additiver Fertigung und nicht zuletzt zu betriebswirtschaftlichen Themen entwickeln sich neue Ideen. Sie können die produzierende Industrie in die Lage versetzen, innovative Lösungen hervorzubringen. So tragen wir unseren Teil für eine zukunftsfähige Industrie bei, die nicht nur nachhaltig ist, sondern auch unser aller Wohlstand weiterhin sichert.“