Aktuelles Meereswissen im neuen »World Ocean Review«

Mehr als zehn Jahre nach Erscheinen der ersten Ausgabe des »World Ocean Review« (WOR) veröf-fentlichen die maribus gGmbH und ihre wissenschaftlichen Partner, das Konsortium Deutsche Meeres-forschung (KDM) und das Kieler Future Ocean Netzwerk, erneut einen WOR, der sich mit der Gesamt-situation der Meere auseinandersetzt. Dessen Fazit: Nur gemeinsam können wir eine Zukunft des Ozeans erreichen, in der Schutz und Nutzen vereinbar sind. Dazu müssen wichtige Transformationen schnell eingeleitet werden. Der neue WOR kann ab sofort kostenlos bestellt oder heruntergeladen werden.

Sprache ist in der Regel ein exzellenter Spiegel der Realität. Und wenn sich eines mehr als zehn Jahre nach Erscheinen des ersten World Ocean Reviews feststellen lässt, dann ist das die klare Aussage: Der Ton der Meeresdebatte hat sich verschärft. Wo damals von Wandel gesprochen wurde, dominiert jetzt der Begriff der Krise – und zwar im Plural. Von irreparablen Schäden ist die Rede, von Artensterben, der Müllhalde Meer, von kollabierenden Ökosystemen und zerstörten Lebensgrundlagen für Abermillionen Menschen.

Gleichzeitig aber propagieren Politik, Industrie und Wissenschaft den Ozean als Hoffnungsträger. Küstennationen setzen auf den Wachstumssektor Meereswirtschaft und rechnen mit Milliarden-Gewinnen aus Offshore-Windkraft, Aquakultur und der Vermarktung von Wirkstoffen aus dem Meer. In der Tiefsee des Pazifiks testen Bergbauunternehmen Riesenraupen zum Abbau erzreicher Manganknollen und in den internationalen Klimaverhandlungen wird unter dem Stichwort „Blue Carbon“ mit dem Kohlenstoffspeicherpotenzial von Mangroven, Seegraswiesen, Salzmarschen und Kelpwäldern gepokert.

Der Menschheit müsse es eben nur endlich gelingen, den Ozean nachhaltig zu nutzen und seine Kapazitätsgrenzen zu achten, dann seien Wachstum, Wohlstand und ein lebenswertes Klima auch künftig möglich, heißt es vielerorts. Die Meeresforschung in Deutschland und weltweit hat in den letzten zehn Jahre dazu neues Wissen generiert, um sowohl die Problemzonen im Ozean besser zu beschreiben, aber auch gleichzeitig Lösungsräume zu erschließen. Bei der Frage nach dem Wie und Wann, stellt sich dann heraus, dass drastische Veränderungen zeitnah erforderlich sind.

Ein Verständnis für die Funktionsweise und den Wandel der Meere ist heute wichtiger denn je

Dieses Dilemma zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Mensch-Meer-Beziehung steht im Mittelpunkt der am 23. November erscheinenden siebten Ausgabe des World Ocean Review, herausgegeben von der gemeinnützigen maribus gGmbH mit Unterstützung der Zeitschrift mare, des International Ocean Institute (IOI) sowie von Klima- und Meeresforscherinnen und -forschern aus dem Konsortium Deutsche Meeresforschung (KDM) und dem Kieler Future Ocean Netzwerk.

„Ein wissenschaftsbasierter, dennoch leicht verständlicher und zudem kostenloser Meeresreport, der die komplexe Gefährdung der Meere und Lösungswege aufzeigt, schien vor über zehn Jahren eine überfällige Notwendigkeit zu sein, wurde der Ozean doch vorwiegend als Verkehrs- und Urlaubsmedium wahrgenommen“, sagt Nikolaus Gelpke, Initiator und Herausgeber des World Ocean Review, Gründer der Zeitschrift mare und Vorstand des International Ocean Institute (IOI).

„Durch die Klimadebatte und die Plastikmüll-Problematik sind die Meere mittlerweile jedoch in den erweiterten Blick der Öffentlichkeit und somit auch der Politik gerückt – und wir beobachten dabei, dass die Komplexität von Prozessen wie der Meereserwärmung oder der Überfischung zunehmend faktenbasierter Erklärung bedarf. Vor diesem Hintergrund hat sich das Konzept des World Ocean Review sehr bewährt.“

Die Weichen stellen für eine nachhaltige Nutzung des Ozeans

Im Fokus der siebten Ausgabe des World Ocean Review stehen die Auswirkungen des Klimawandels auf den Zustand des Meeres und auf seine Lebensgemeinschaften; die Folgen von stark zunehmender Fischerei, Schifffahrt, Ressourcenabbau, Energiegewinnung und Meeresverschmutzung sowie die Fragen, wie sich das Meer nachhaltig nutzen ließe und wie der Ozean künftig so verwaltet werden kann, dass sowohl sein Schutz als auch die Teilhabe möglichst aller Menschen an seinen Leistungen und Gütern gewährleistet sind.

Dabei zeigt der neue WOR in allen Themenfeldern umfassende Lösungen für eine nachhaltige Meeresnutzung auf, beschreibt Best-Practice Beispiele und verweist auf eine Vielzahl internationaler Meeresschutz-Abkommen, die wichtige Instrumente darstellen, deren Umsetzung jedoch bis heute vielerorts nicht gelingt. Eine neue Möglichkeit, dem Ozean mehr Sichtbarkeit zu verschaffen, ist die von den Vereinten Nationen ausgerufenen Dekade der Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung.

Diese hat es sich zum Ziel gesetzt, Wissen zu bündeln und zu teilen, um damit die internationale Staatengemeinschaft aufzufordern, mehr Nachhaltigkeit in der Mensch-Meer-Beziehung einzufordern und verbindliche Maßnahmen zum Schutz der Meere umzusetzen.

„Im Jahr 2021 oder im Jahr eins der UN-Dekade ist eine Einsicht von Bedeutung: Eine globale Meereskrise lässt sich nur eindämmen über die aktive Einbindung aller gesellschaftlichen Akteure weltweit in den meereswissenschaftlichen Erkenntnisgewinn – von Regierungen, lokalen Entscheidern über Unternehmen bis hin zu jedem Einzelnen.

Die Basis für transformatives Handeln weg von Übernutzung und hin zum nachhaltigen Umgang mit dem Meer sind wissenschaftlich fundierte, leicht verständliche und umfassende Wissensgrundlagen. Und diese bietet der neue World Ocean Review“, sagt Prof. Dr. Martin Visbeck, Co-Sprecher des Kieler Future Ocean Netzwerkes und Leiter der Forschungseinheit Physikalische Ozeanographie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Die Weichen zu stellen hin zu einem nachhaltigeren Schutz und Nutzen des Ozeans sei eine Mammutaufgabe, betonen die wissenschaftlichen Partner des World Ocean Review 7. Dennoch werben sie ausdrücklich dafür, zuversichtlich zu bleiben und sich innovativ, transformativ und gemeinschaftlich für einen gesunden Ozean zu engagieren.

„Dem Management der Meere obliegt die große Verantwortung, Erkenntnisse aus der Wissenschaft so umzusetzen, dass die Vielzahl der Ansprüche aus Gesellschaft, Wirtschaft und Naturschutz an die Meeresnutzung so aufeinander abgestimmt wird, dass langfristig der größte Naturschatz der Erde – unser Ozean – erhalten bleibt“, sagt Prof. Dr. Ulrich Bathmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) und Vorsitzender des Konsortiums Deutsche Meeresforschung (KDM).