Das Wuppertal Institut geht Richtung Klimaneutralität und richtet im jetzt veröffentlichten Nachhaltigkeitsbericht den Fokus auf die Treibhausgas-Emissionen. Eine externe Berechnung zeigt: Das Institut ist auf einem guten Weg. Nach der Umsetzung vieler energetischer Maßnahmen sind die größten Herausforderungen jetzt die Dienstreisen und Fahrtwege der pendelnden Mitarbeitenden. Hier wird der Schwerpunkt der kommenden Jahre liegen.
Das Wuppertal Institut hat seinen Nachhaltigkeitsbericht 2021 vorgelegt, der zum ersten Mal als Webpublikation erscheint. „Als Institut, das sich der anwendungsorientierten Nachhaltigkeitsforschung verschrieben hat, ist für uns ein glaubwürdiges und transparentes Nachhaltigkeitsmanagement von besonderer Bedeutung.
Wir hoffen, durch die Online-Version einfacher in den konstruktiven Austausch mit anderen Akteur*innen zu kommen, denn gerade im Austausch der Erfahrungen über die praktische Umsetzung liegt ein erheblicher Mehrwert“, sagt Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts. Zuletzt war ein Update im Jahr 2018 erschienen. Der aktuelle Bericht legt die Entwicklungen des Zeitraums 2018 bis heute dar und legt den Fokus auf „Klimaneutralität“.
Pandemie „hilft“ beim Erreichen der Klimaziele
Das Wuppertal Institut orientiert sich auch im eigenen Geschäftsbetrieb am 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens. Mit dem Zielbild einer „ressourcenleichten“ Gesellschaft nimmt das Wuppertal Institut zusätzlich die Ressourcenperspektive in den Blick, also einen sorgsamen Umgang mit Rohstoffen mit möglichst hohem Grad an Abfallvermeidung.
Um festzustellen, an welcher Stelle sich das Institut auf dem Weg zum 1,5-Grad-Ziel befindet, wurde die „Paris-Kompatibilität“ extern vom Klimametrik-Spezialist right. based on science GmbH nach dem sogenannten XDC Modell berechnet. Die Besonderheit des Modells ist es, dass die Zielkonformität nach Sektoren unterschieden wird und dabei die Hemmnisse, die einer deutlichen Reduzierung der Emissionen in einzelnen Sektoren gegenüberstehen, berücksichtigt werden.
Für 2019 wurde das relevante Sektor-Ziel vom Wuppertal Institut um 0,02 Grad Celsius noch knapp verfehlt. Auf der Basis der 2020er Zahlen hingegen wurde der Schwellenwert und damit die Paris-Kompatibilität zum ersten Mal erreicht. Beigetragen dazu haben aber nicht nur der Maßnahmenkatalog des Instituts selbst, sondern vor allem auch die Einschränkungen der Mobilität durch die Corona-Pandemie.
Die positive Entwicklung gilt es jetzt zu verstetigen. „Effiziente und klimafreundliche Wärmeversorgung, sparsame LED-Beleuchtung, Bezug von Ökostrom: Die sogenannten ‚niedrig hängenden Früchte‘ im Klimaschutz haben wir über die Jahre bereits geerntet. Nun kommt der schwere Teil: die Mobilität – die dienstliche genauso wie die individuelle Mobilität“, sagt Nachhaltigkeitsbeauftragter Thomas Orbach.
Mobilität und Dienstreisen sind die zentralen Herausforderungen
Für die Forschungsarbeit des Instituts sind Reisen der Mitarbeitenden zu Projekttreffen, Fachveranstaltungen oder Konferenzen unverzichtbar. Für Strecken unter 1.000 Kilometern gilt die Prämisse, dass nicht geflogen werden soll. Als Beförderungsmittel in Deutschland und im näheren europäischen Ausland nutzen die Mitarbeitenden wo immer möglich die Bahn. Für weiter entfernte Ziele sind Flugreisen jedoch nicht gänzlich zu vermeiden. Das Wuppertal Institut wertet die Flugreise-Kilometer, die seine Mitarbeitenden zurücklegen, jährlich aus und kompensiert sie über „atmosfair“. Mittel- und Langstreckenflüge sind im Bereich der Mobilität der größte Emissionsverursacher.
Veranstaltungen sind während der Pandemie stark reduziert worden, was sich positiv auf die Klimabilanz 2020 auswirkte. „Die Corona-Pandemie hat auch uns Dienstreisen neu überdenken lassen und weitere Einsparungspotenziale aufgezeigt“, sagt Orbach. „Dabei gilt es nicht, pauschal Dienstreisen abzuschaffen. Aber wir müssen die Notwendigkeit jeder Dienstreise ergebnisoffen diskutieren und prüfen, ob die gleichen Ziele nicht auch durch virtuelle Formate ersetzt werden können. Dies wird nicht überall gehen und sinnvoll sein. Vor allem stark diskursiv und strategisch angelegte Prozesse lassen sich zumeist nicht effektiv im virtuellen Raum gestalten“, ergänzt Fischedick.
Auch im Bereich der individuellen Mobilität hat das Wuppertal Institut bereits Maßnahmen umgesetzt: Den Mitarbeitenden wird beispielsweise ein gefördertes Jobticket für den öffentlichen Nahverkehr angeboten. Dienstwagen gibt es nicht. Dienstliche Fahrten, für die etwa aufgrund schwerer Fracht ein Pkw erforderlich ist, werden über Car-Sharing organisiert. Die grundsätzliche Maxime ist, den absoluten Ausstoß soweit wie eben möglich zu reduzieren. „Das ist eine große Herausforderung, die wir annehmen”, sagt Orbach.
Für die Mitarbeitenden wird die Möglichkeit mobil zu arbeiten in einer neuen Betriebsvereinbarung dauerhaft geregelt werden. Der bereits geleistete Aufbau für eine tragfähige Infrastruktur auch für hybride Veranstaltungen wird weiter fortgesetzt. Das Wuppertal Institut bemüht sich daher stetig darum, attraktive digitale Formate zu entwickeln und auszubauen. Dies gilt auch für die neue Online-Event-Reihe „Digitaler Zukunftssalon“ oder den Podcast „Zukunftswissen.fm“, die einen Austausch ermöglichen ohne Verkehr zu induzieren.