Seit wenigen Jahren sind große Unternehmen in Europa verpflichtet, darüber zu informieren, wie sie Verantwortung übernehmen, etwa zur Minderung der Klimakrise, zur Einhaltung der Menschenrechte in der Lieferkette oder zur Vermeidung von Bilanz- und Steuerskandalen. Diese sogenannte „CSR-Berichtspflicht“ der Europäischen Union steht derzeit auf dem Prüfstand.
Experten des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) sowie von Arqum und dem Fair Finance Institute machen nun konkrete Vorschläge, wie die neue Corporate Sustainability Reporting Directive der europäischen Union durch Standardisierungen für mehr Transparenz und Vergleichbarkeit bei der Berichterstattung über Umweltthemen sorgen könnte.
In einem Policy Paper im Auftrag des Umweltbundesamtes zeigen sie, wie die Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen standardisiert und geregelt werden sollte, um aussagekräftige, vergleichbare und hochwertige Informationen sicherzustellen.
Auswertung von Unternehmensberichten zeigt: Vergleichbarkeit bislang Fehlanzeige.
„Bisher hat die Berichtspflicht in Deutschland dazu geführt, dass die Unternehmen auf sehr unterschiedliche Art und Weise Auskunft über die Nachhaltigkeitsaspekte ihrer Tätigkeit geben.“ So fasst Christian Lautermann vom IÖW eine umfangreiche Auswertung der Klima- und Umweltberichterstattung mehrerer hundert deutscher Unternehmen zusammen.
„Im Ergebnis sind die Informationen, die Unternehmen veröffentlichen, kaum miteinander vergleichbar. Daher empfehlen wir der EU, die Chancen der geplanten Standarisierung zu nutzen. Dazu haben wir Vorschläge erarbeitet, wie die Anforderungen an das Reporting über Ziele, Maßnahmen und Leistungsindikatoren des Nachhaltigkeitsmanagements von Unternehmen konkretisiert werden können“, erklärt der Experte für nachhaltige Unternehmensführung.
Das Papier macht beispielsweise detaillierte Vorschläge, wie Unternehmen ihre Ziele darstellen sollten, damit diese aussagekräftig sind und über welche Art von Maßnahmen sie berichten sollten, damit man sich ein adäquates Bild von ihren Bemühungen machen kann. Vor allem müsste eine konsistente Gesamtschau verpflichtend werden, mit der Unternehmen aufzeigen, inwieweit ihre Maßnahmen zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele beitragen.
Die Politikempfehlungen sind insbesondere an die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) gerichtet. Dieses Beratungsgremium bereitet im Auftrag der EU-Kommission gegenwärtig die europäischen Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung vor.
Sustainable Finance: Finanzakteure brauchen Vergleichbarkeit
Die Selbstauskünfte von Unternehmen werden auch für die Finanzbranche immer relevanter. „Im Zuge der neuen Regulierungen zu Sustainable Finance stehen Finanzakteure zunehmend vor der Aufgabe, Umwelt-, soziale und Unternehmensführungsaspekte in ihre Entscheidungen einfließen zu lassen“, so Markus Duscha vom Fair Finance Institute. „Hierfür ist Vergleichbarkeit des Reportings der Unternehmen sowie die Kompatibilität mit den Anforderungen der Sustainable Finance Regulierung zentral.“
Beispiel Klimaschutz: Die Studie zeigt, dass Unternehmen unterschiedliche Ziele verfolgen, um treibhausgasneutral zu werden. Dabei wird selten deutlich, welche Rolle die Kompensation von Treibhausgasen in den Unternehmensstrategien einnimmt. Daher ist es kaum zu bewerten, ob ein Unternehmensziel mit dem globalen „Net Zero“-Ziel vereinbar ist – also dem Bestreben, dass der Kohlenstoffdioxid-Gehalt in der Atmosphäre nicht weiter steigt, sondern langfristig wieder sinkt.
Freiwillige CO2-Kompensation sollte nicht zählen
„Wir empfehlen, die zukünftigen Reporting-Anforderungen auf dem Net-Zero-Verständnis der Science Based Target Initiative aufzubauen, die als erste Initiative einen klaren unternehmerischen Fahrplan zu Net Zero veröffentlicht hat“, so Theresa Steyrer von Arqum. „Das bedeutet, dass Unternehmen auf die Reduktion ihrer Emissionen und den langfristigen Entzug von Treibhausgasen aus der Atmosphäre über natürliche und technologische Senken fokussieren sollten. Freiwillige CO2-Kompensation spielt dann für die unternehmerische Treibhausgasneutralität keine Rolle – weder kurz- noch langfristig