Studie zu Corona-Pandemie und Nachhaltigkeit

Am Beispiel der Corona-Pandemie untersucht eine von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderte Studie des IÖW, wie nachhaltige und zugleich widerstandsfähige Ökonomien aussehen könnten – und der klimafreundliche Umbau der Wirtschaft gelingt. Deutsche Bundesstiftung Umwelt

Die Corona-Pandemie hat Lieferketten unterbrochen, Produktionsstandorte zum Stillstand gebracht und Wirtschaftseinbrüche verursacht. Die gute Nachricht: Ein genauer Blick zeigt, dass manche Wirtschaftssysteme um einiges krisenfester sind als andere. Worauf es ankommt, hat eine Studie des Berliner Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) untersucht. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat das Projekt fachlich und finanziell mit rund 122.000 Euro gefördert.

Pandemien, Flutkatastrophen und andere unerwartete Ereignisse werden zukünftig laut Wissenschaft immer häufiger vorkommen. „Wir müssen Wirtschaft und Gesellschaft so gestalten, dass sie darauf reagieren können und nicht daran zerbrechen“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „Um Markt, Staat und Zivilgesellschaft gegen Unvorhergesehenes zu wappnen, ist die auch als Resilienz bezeichnete Widerstandskraft ein ausschlaggebender Faktor“. Resiliente Wirtschaftssysteme, Initiativen und Unternehmen gebe es bereits. Solche Beispiele wurden von einem Forscherteam des IÖW unter die Lupe genommen und in der von der Stiftung geförderten Studie ausgewertet, die unter folgendem Link zum Download zur Verfügung steht: https://www.dbu.de/@Corona-StudieIÖW.

Riskant: Globalisierung kann zu anfälligen wirtschaftlichen Strukturen führen

Diplom-Volkswirt Ulrich Petschow, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IÖW im Forschungsfeld Umweltökonomie und Umweltpolitik, sagt: „Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, wie anfällig die wirtschaftlichen Strukturen sind, die sich durch die Globalisierung herausgebildet haben.“ Und: „Wir müssen auch unabhängig von der Corona-Krise zunehmend mit ‚Überraschungen‘ rechnen, zum Beispiel durch Wetterextremereignisse im Zusammenhang mit dem Klimawandel“, sagt Petschow.

Pauschale Lösungen für mehr Widerstandskraft gegen unerwartete Ereignisse gebe es nicht. Eines der Probleme: „Die internationalen Lieferketten zielen darauf ab, Effizienz- und somit Kostenvorteile zu erschließen, um sich damit gegen den Wettbewerb durchzusetzen“, so der Diplom-Volkswirt. Doch diese Strategie hat etwa im Fall der Mikrochip-Herstellung laut Studie ein Risiko dargestellt. Ein Beispiel: Taiwan als einer der wenigen Produktionsstandorte wurde zum Nadelöhr, nachdem Trinkwasserversorgung, Landwirtschaft und Chip-Herstellung nach monatelanger Dürre um das verfügbare Wasser konkurrierten. Hinzu kam, dass Chinas coronabedingter Lockdown Lieferketten unterbrach. Petschow: „Infolgedessen ist es zum Beispiel zu einem scharfen Produktions- und Absatzeinbruch in der Automobilindustrie gekommen.“

Widerstandsfähig: Am Allgemeinwohl ausgerichtete alternative Ökonomien

Stattdessen solle „auf dezentrale, regionale und kleinere Strukturen gesetzt werden“, sagt Petschow. „Treten in breit aufgestellten und dezentralen Produktionsstrukturen Störungen auf, so bestehen Ausgleichsmöglichkeiten.“ Ein Vergleich aus der Forstwirtschaft: Die Monokulturen zeigen sich gegenwärtig als höchst anfällig gegenüber dem Klimawandel und Insektenbefall. Vielfältig strukturierte und biodiverse Wälder seien nach Petschows Worten dagegen resilienter. Laut Studie erweisen sich dementsprechend einige alternative Ökonomien als besonders widerstandsfähig.

Ein wichtiges Merkmal: „Sie sind vielfach regional eingebettet, nicht auf Wachstum und Effizienz getrimmt, sondern zielen auf das Allgemeinwohl ab“, so Petschow. Dazu gehöre das Handwerk und die solidarische Landwirtschaft, die zudem eng verbunden sei mit zivilgesellschaftlichen Akteuren.

Für die Zukunft: Ursachen bekämpfen und Systeme nachhaltiger gestalten

Auch eine nachhaltige Digitalisierung könne helfen. Petschow: „Gerade in der Corona-Krise haben neue dezentrale Technologien, wie der 3-D-Druck, verbunden mit vielfältigen Kooperationen zwischen Offenen Werkstätten, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und medizinischen Einrichtungen ihr Potenzial offenbart.“ Wirtschaft und Gesellschaft müssten strukturell vielfältiger aufgestellt, die Rolle regionalen Wirtschaftens gestärkt und Möglichkeiten eines sozial-ökologischen Wandels ausgelotet werden.

Regionen und Quartiere sollten dazu laut Studie umfassend in den Blick genommen werden, um die Resilienz zu stärken. Beispiel Paris: Mit dem Leitbild der 15-Minuten-Stadt sollen dort alle alltäglichen Aktivitäten erledigt werden können. Petschow: „Zwei Punkte sollten wir angehen: Die Ursachen für unvorhergesehene Extrem-Ereignisse bekämpfen, also vorrangig die Klima- und Biodiversitätskrise, sowie unsere Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme nachhaltiger und widerstandsfähiger gestalten.“