Hybridantriebe, in denen Elektro- und Verbrennungsmotor zusammenarbeiten, ermöglichen schnelle CO2-Einsparungen im Straßenverkehr – vorausgesetzt das Antriebssystem eines solchen Fahrzeugs ist von Anfang an auf einen möglichst effizienten Betrieb ausgelegt. Im neuen Hybridforschungsprogramm der FVV erarbeiten Ingenieure über Firmengrenzen hinweg die dafür notwendigen Methoden und Technologien.
Das vom FVV-Vorstand 2020 initiierte Hybridforschungsprogramm hat inzwischen zu konkreten Projekten geführt, die sich mit der nachhaltigen Auslegung von Hybridantrieben beschäftigen. Dabei stehen weniger konkrete Einzeltechnologien als vielmehr deren Zusammenspiel im Fokus der Forscher. So untersucht die Technische Universität Darmstadt in einem Vorhaben, wie sich die theoretisch unendlich vielen Kombinationen aus Akkus, E-Maschinen, Motoren, Getriebevarianten sowie softwarebasierter Betriebsstrategie in ein modulares System überführen lassen.
Ein solcher Ansatz soll einerseits den Umweltnutzen maximieren, andererseits aber die Produktionskosten durch Variantenreduzierung niedrig halten und damit einer hohen Marktakzeptanz dienen. Ziel der Forscher ist es unter anderem, ein Software-Programm zu entwickeln, das nach Eingabe der Randbedingungen modulare Architekturen des hybriden Antriebsstrangs berechnet und die Eigenschaften der Komponenten berücksichtigt. Die Wissenschaftler verfolgen dabei einen objektorientierten Ansatz aus der Informatik, der die Rechenzeit deutlich verkürzen soll. Das Programm soll nach Abschluss des Projekts mit allen Unternehmen, die in der FVV zusammenarbeitenden, geteilt werden. »Insbesondere mittelständische Zulieferer können davon erheblich profitieren«, meint Martin Nitsche, Stellvertretender Geschäftsführer der Forschungsvereinigung.
Hochflexibler Antrieb
Ziel jeder Hybridentwicklung ist der energieeffiziente Betrieb. Gleichzeitig gilt es aber auch Abgasemissionen zu minimieren und einen hohen Fahrkomfort zu ermöglichen. Doch in welchen konkreten Situationen treten dabei Zielkonflikte auf? Und was bedeutet die hohe Flexibilität, die vom Verbrennungsmotor erwartet wird, für dessen Technik? Solche Fragen versuchen Forscher der RWTH Aachen innerhalb eines weiteren Projekts zu klären.
Dafür verknüpfen sie verschiedene Simulationsverfahren, mit denen beispielsweise die Abgasnachbehandlung oder das Wärmemanagement einbezogen werden können. Mit einem ›prädikativen Reisemanagement‹ soll es möglich werden, Sonderemissionszonen sowie unvorhergesehene Ereignisse wie Staus zu berücksichtigen. Am Ende des Forschungsprojekts steht die Entwicklung einer herstellerneutralen, ganzheitlichen Entwicklungsmethodik für Hybridantriebe, die die Arbeit an Effizienztechnologien auch für kleine und mittelständische Unternehmen vereinfacht.
CO2-neutrale Hybridantriebe
Frei von klimaschädlichen Emissionen sind Hybridantriebe nur dann, wenn der Elektromotor ausschließlich mit Grünstrom und der Verbrennungsmotor mit synthetischen Kraftstoffen wie grünem Methanol betrieben wird. Dass bei Methanolbetrieb in nahezu allen Betriebsbereichen des Verbrennungsmotors ein Wirkungsgrad von mehr als 40 Prozent erreicht werden kann, hatte bereits das 2020 abgeschlossene FVV-Projekt ›ICE2025+‹ gezeigt.
Am Bestpunkt erreichte der auf den Hybridbetrieb optimierte Motor mit dem synthetischen Kraftstoff sogar mehr als 46 Prozent. In dem nun gestarteten Nachfolgeprojekt ›ICE2030‹ soll ein thermischer Wirkungsgrad von mindestens 50 Prozent erreicht werden (3). Dafür untersuchen die beteiligten Wissenschaftler der Universitäten Aachen, Braunschweig, Darmstadt und Stuttgart, ob durch Zumischung von Wasserstoff eine extrem magere Verbrennung mit hoher Stabilität möglich wird. Zudem wollen sie untersuchen, wie sich der hohe Sauerstoffüberschuss auf die Abgaszusammensetzung auswirkt.
Weitere laufende oder geplante Forschungsvorhaben rund um den Hybridantrieb und dessen Betriebsstrategien beschäftigen sich mit den Herausforderungen, die entstehen, wenn der Verbrennungsmotor nur sehr selten, dafür dann aber sehr zuverlässig einspringen muss. Zu den untersuchten Phänomenen gehören das Thermomanagement genauso wie beispielsweise die akustische Wahrnehmung im Innenraum. Martin Nitsche begründet die Relevanz dieser Forschung folgendermaßen: »Viele eigentlich gelöste technische Fragen, etwa zu Korrosion und Betriebsfestigkeit, stellen sich in Hybridantrieben ganz neu.«
Im Rahmen des Hybridforschungsprogramms erprobt die FVV zudem ein neues Vergabeverfahren. Bei dem Call-for-Tender-Verfahren definiert eine Expertengruppe zu Beginn nur das Ziel. Forschungsstellen können den methodischen Weg selbst festlegen und entsprechende Projekte vorschlagen. Nitsche zufolge hat sich das neue Vorgehen bereits bewährt: »Wir können so das spezifische Know-how an den Forschungsstellen noch besser für die vorwettbewerbliche Gemeinschaftsforschung nutzen.«