Klimawandel: Holz ist der Baustoff der Zukunft

Ludger Wittland Geschäftsführer Leiter Marketing & Vertrieb / Einkauf Terhalle Holding GmbH & Co.KG, Ahaus-Ottenstein

Die Bauindustrie belastet die Umwelt im besonderen Maße: Nach Angaben der der Deutschen Bundesstiftung Umwelt fallen gut 40 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs am Bau an, diese Industrie ist darüber hinaus für 30 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Allein die Herstellung von Zement sorgt für acht Prozent der globalen CO2-Emissionen. Der Baustoff Holz wäre hier ein Weg aus dem Problem. Wir sprachen mit Ludger Wittland, Geschäftsführer und Leiter Marketing & Vertrieb / Einkauf, der Terhalle Holding GmbH & Co.KG, aus dem westfälischen Ahaus. Terhalle ist einer der Vorreiter und wichtigsten Innovatoren im Bereich Holzbau.


Holz ist als Baustoff eine der wenigen Möglichkeiten Co2 langfristig zu binden. Aber ist, eingedenk des Klimawandels, eigentlich genug Holz verfügbar?

Ludger Wittland: Die Holzverfügbarkeit in Deutschland, Österreich und unseren östlichen Nachbarländern ist gegeben. Holz ist hier eigentlich in den benötigten Mengen auf dem Markt. Die hier relevante Frage ist: Wie und wofür verwenden wir das Material und was geschieht auf den Märkten. Wir haben auch hier beim Holz einen globalen Markt. Wenn Amerikaner und Chinesen mehr bezahlen als die Europäer fließen bei uns Mengen ab.

Das heißt unser hier in Europa gewachsenes Holz verschwindet in andere Kontinente?

Ja natürlich. Holz ist eine Ware auf dem Weltmarkt. Wir haben in der jüngsten Vergangenheit gesehen wie die großen Sägewerke, die ja einen wichtigen Anteil an der Mengenverteilung haben, ihre Kunden, im Sinne der Gewinnmaximieren gesucht haben. Anderseits müssen wir natürlich auch dafür sorgen, dass das Bauen mit Holz bezahlbar bleibt. Besonders jetzt in einer Situation der knappen Güter und steigenden Preisen auf fast allen Märkten für Baumaterialien. Als holzverarbeitendes Unternehmen sehen wir, dass durchgeplante Projekte verschoben werden. Die steigenden Zinsen haben hier sicher auch eine Auswirkung. Gerade die Verschiebung von Bauprojekten im Bereich von Ein- und Mehrfamilienhäusern ist in der augenblicklichen Lage auch individuell nachvollziehbar. Wenn es sich aber summiert, wird dies spürbare wirtschaftliche Auswirkungen haben. Hier ganz in der Nähe unseres Firmensitzes waren 80 Baugrundstücke vergeben worden, 40 davon sind zurückgegeben worden, weil die jungen Familien gesagt haben: Unter den veränderten Rahmbedingungen können wir uns das Bauen nicht mehr leisten. Und davon ist natürlich auch das Bauen mit Holz betroffen.

Das ist sicher so, aber langfristig betrachtet, zeigt sich doch das in den „Betonjahren“ der jungen Bundesrepublik Holz als Baumaterial nicht wirklich auf dem Radarschirm gewesen ist. Warum, was ist damals passiert?

Holz ist ein uraltes und eines der ersten Baumaterialen des Menschen. Wenn Sie sich beispielsweise Berghütten in den Alpen ansehen, dann lassen sich Traditionen und die Verlässlichkeit des Baustoffes Holz leicht erkennen. In der Phase nach dem zweiten Weltkrieg, mit all seinen Zerstörungen, haben die Menschen versucht mit den wenigen vorhandenen Baumaterialen schnell und meist provisorischen Unterkünfte zu errichten. Zu Beginn wurden noch Hütten aus Holz gefertigt, aber dann begann die Phase des Barackenbaus. Zur Erklärung: Eine Baracke ist eine behelfsmäßige Unterkunft, als einstöckiger, nicht unterkellerter leichter Bau, besonders aus Holz. Auch in dieser Zeit ging es entsprechend mehr um schnelles als um nachhaltiges, dauerhaftes Bauen. Später in den 60ger Jahren kam dann Stahl und Betonbau in Mode. Gründe dafür waren unter anderem die neuen Anforderungen für Schall- und Brandschutz. Damals hieß es, diese können man am einfachsten mit Beton und Stahl erfüllen. Dazu kommt, dass der Holzbau zu dieser Zeit noch nicht wirklich weitentwickelt war. Der mehrgeschossige Bau beispielsweise war damals technisch noch nicht möglich. Hier war der Stahl- und Betonbau in dieser Zeit deutlich überlegen. Das Mehrgeschossige war in diesen Jahren, wegen der Wohnungsnot aber notwendig. So entwickelte sich in dieser Zeit die Dominanz des Stahls und Betonbaus.

Wie ist die Situation heute? Technisch hat der Holzbau doch sehr nachgezogen.

Die heutige Situation ist ein andere. Inzwischen sind wir technisch in der Lage deutlich mehrgeschossig zu bauen. Das HoHo Wien ist ein Hochhaus mit 24 Geschossen und 84 Metern Höhe zweithöchste Holzhochhaus der Welt. Der äußere Holzanteil liegt ab dem Erdgeschoß bei 75 Prozent, in den Innenräumen bestehen die Decken und Wände aus Fichtenholz sind. In der Hamburger Hafencity entsteht nun das Holzbau-Hochhau „Roots mit 18 Stockwerken und 65 Metern Höhe. Technisch sind wir also in einer ganz anderen Situation und könnten eigentlich Holzbau als eine Antwort auf den Klimawandel verstärken, so wie Wissenschaftler wie Hans Joachim Schellnhuber es fordern. Schellnhuber hat immer wieder darauf hingewiesen, dass Holzhäuser eine Möglichkeit zur Speicherung von Kohlenstoffdioxid und damit für die zur Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels erforderlichen negativen Treibhausgasemission sind. Inzwischen haben dies auch die meisten Menschen verstanden. Darüber hinaus ist inzwischen auch verstanden worden, dass Stahl und Beton unendlich viele Ressourcen verbrauchen und dem Klima mehrfach schaden.

Dann müsste der der Holzbau doch eigentlich immer erfolgreicher werden?

Ja, dass ist so. Die folgenden Generationen müssen vermehrt mit Holz bauen und pflanzen, pflanzen und pflanzen.

Die Logik ist zwingend, aber dennoch sehen wir noch viel Zweifel, wenn es um den Baustoff Holz geht. Die eingangs von Ihnen erwähnten Holzhütte sind ja in der allgemeinen Vorstellung eher ein Teil der Vergangenheit als der Zukunft. Holz, als Baustoff, ist noch nicht so richtig angekommen.

Das würde ich so nicht sehen. Es gibt hier vielmehr große regionale Unterschiede. In Sachen Holzbau liegen die nördlichen Bundesländer ganz klar auf den hinteren Rängen. Ausgehend von der Schweiz und Österreich hat sich der Holzbau zunächst wieder in Baden-Württemberg ausgedehnt. Dort liegt der Anteil des Holzbaues beim Wohnungsbau inzwischen bei 40 Prozent. In Bayern ist man bei 25 Prozent. In Hessen bei gut 30 Prozent. In diesen Regionen ist hochtechnisierter Holzbau etwas ganz Normales.

Aber warum liegen Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen dann so weit zurück?

Baurechtliche Vorgaben und eine gut vernetzte Beton-Lobby sind der Grund dafür. Erst seit 2019 dürfen wir in Nordrhein-Westfalen mit Holz so bauen wie in Baden-Württemberg. Und wenn die Landesbauordnung Holzbau verhindert, dann beschäftigen sich auch die Architekten nicht mit dem Baustoff Holz. Und wenn nun aus der Politik die Aufforderung kommt, auch in NRW, doch möglichst mit Holz zubauen, dann verhalt diese, weil die Architekten keine entsprechenden Erfahrungen haben. Durch die verbesserten Holzbau-Rahmenbedingungen, politischen Willen und gute Kommunikation wird der Holzbau-Anteil kontinuierlich wachsen.

Gibt es Möglichkeiten, auch und besonders im Norden der Republik, diesen Prozess zu beschleunigen. Könnte nicht beispielsweise die Wirtschaft vorangehen und Holzgebäude errichten und nutzen?

Hier muss man genau hinschauen um welche Dimensionen es geht. Große Logistikzentren sind etwas ganz anderes als Verwaltungsgebäude. Was sich aber sicher sagen lässt, ist, dass eine Kombination von Baustoffen sehr zielführend sein kann. Und über solche Kombinationen müssen wir vielmehr nachdenken, statt tiefe Gräben zwischen Holz und Beton-Welt auszuheben. Mit Holz können wir eine Gründung für ein Gebäude legen. Bei Bauabschnitten sehr technischer Art, wie beispielsweise Lifte oder Rolltreppen spielt Holz keine Rolle.

Spüren Sie für Ihre Holzbaukonzepte mehr Rückenwind durch die Klimadebatte?

Ja natürlich. Die Menschen schauen inzwischen ganz anders auf den Baustoff Holz. Aber wir müssen es leichter machen Holz zu verwenden, nicht nur damit, dass wir die erwähnten Architekten mit ins Boot holen, sondern auch dadurch Holz als Baustoff im Sinne der industriellen Logik vorbereiten und bearbeiten. Unsere Firma kann durch die industrielle Vorfertigung kompletter Baueinheiten sehr wirtschaftlich und klimaneutral produzieren.