Karlsruher Forschern ist es mit einer Pilotanlage für Waben-Methanisierung gelungen, aus einem aus Biomasse hergestellten Synthesegasgemisch hochwertiges und damit anwendungsfreundliches erneuerbares Methan zu produzieren. Der in Fachkreisen SNG (Synthetic Natural Gas) genannte Energieträger eignet sich sowohl als Brennstoff für Blockheizkraftwerke und Heizungsanlagen als auch als Treibstoff für Autos oder Lkw und ist dem fossilen Erdgas qualitativ ebenbürtig. Die Pilotanlage haben Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Forschungsstelle des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) entwickelt und getestet.
Wärme und Mobilität werden derzeit noch überwiegend aus fossilen Quellen gespeist. Um auch diese Sektoren in Zukunft nachhaltig und umweltschonend mit Energie zu versorgen, eignen sich nach Ansicht von Experten vor allem auch chemische Energieträger aus erneuerbaren Quellen, wie beispielsweise Biogas oder SNG.
„Chemische Energieträger weisen eine hohe Energiedichte auf und sind besonders für den Mobilitätssektor attraktiv“, bestätigt Felix Ortloff, Gruppenleiter „Verfahrenstechnik“ an der Forschungsstelle des DVGW am Engler-Bunte-Institut (EBI) des KIT.
Biogasanlagen produzieren das erneuerbare Gas vorwiegend durch Vergären von biologischen Abfällen. In Ländern mit einer intensiven Forstwirtschaft, wie Finnland oder Schweden, besteht ein großes Potenzial für die Produktion von SNG aus Holzabfällen. Hierbei wird über die Biomassevergasung ein Synthesegas gewonnen, das im Wesentlichen aus einer Mischung von Wasserstoff, Kohlenstoffmonoxid und Kohlenstoffdioxid besteht. Dieses Gemisch kann anschließend über eine Methanisierung zu hochwertigem Methan umgewandelt werden. Einen sehr effektiven Weg für diese Methanisierung haben die Forscher des Engler-Bunte-Instituts am KIT und der angeschlossenen DVGW-Forschungsstelle nun erfolgreich über mehrere Wochen im schwedischen Köping getestet.
Das Herzstück der Anlage sind wabenförmige Katalysatorträger, die in der Arbeitsgruppe „chemisch-katalytische Verfahren“ des EBI-Teilinstituts Chemische Energieträger-Brennstofftechnologie (EBI ceb) unter der Leitung von Siegfried Bajohr entwickelt und für den Einsatz in der Methanisierung optimiert wurden. „Die metallischen Nickel-Katalysatoren wandeln in einem einstufigen Prozess Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid und bei ausreichender Versorgung mit Wasserstoff auch Kohlenstoffdioxid zu Methan und Wasser um“, erklärt Siegfried Bajohr.
Die in Containerbauweise realisierte Pilotanlage wurde an einen Biomassevergaser gekoppelt, der die für die chemische Reaktion notwendigen kohlenstoffhaltigen Gase liefert. In diesem Anlagenverbund wandelte die Karlsruher Methanisierungsanlage zuverlässig, über mehrere Wochen, Synthesegas zu Methan um. „Das so nachhaltig erzeugte synthetische Methan kam anschließend sehr erfolgreich beim schwedischen Projektpartner Cortus AB als Kraftstoff in den firmeneigenen Erdgas-Fahrzeugen zum Einsatz“, so Bajohr.
„Neben der Nutzung im Erdgasfahrzeug sehen wir den Vorteil der Erzeugung des chemischen Energieträgers Methan darin, dass das Gas ohne Einschränkungen in die vorhandene europäische Erdgasinfrastruktur eingespeist werden kann“, sagt Felix Ortloff vom EBI. Somit könnte es nach Einschätzung der Forscher bereits heute in vielen bestehenden Anwendungen fossiles Erdgas direkt ersetzen.
„Ein weiteres Einsatzgebiet für die Technologie sehen wir im Rahmen des Power-to-Gas-Kontextes“, so Ortloff. Hierbei wird Wasser mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der Wasserstoff kann anschließend in einer Reaktion mit Kohlenstoffdioxid ebenfalls zu synthetischem Methan weiterverarbeitet werden. Neben der Entlastung der Stromnetze stufen die Forscher insbesondere die Einbindung von Biogas- oder Biomassevergasungsanlagen in Power-to-Gas-Konzepte als vorteilhaft ein. Denn so könnte die Produktionskapazität der Anlagen verdoppelt werden, da das bei der Biogasproduktion ohnehin anfallende Kohlenstoffdioxid vollständig zu Methan umgewandelt wird.
„Ein Vorteil unserer Pilotanlage ist ihre kompakte Bauweise und damit ihre Mobilität“, erläutert Ortloff. „Installiert in einem Frachtcontainer kann sie zum Beispiel dezentral, an abgelegenen Biogasanlagen, im ländlichen Raum oder in Verbindung mit anderen zukünftig relevanten CO2-Quellen, beispielsweise verschiedenen Industrieprozessen, erprobt werden“, fügt er an.
Dr. Siegfried Bajor, Engler-Bunte-Institut – KIT
Nach dem Einsatz in Schweden ist die Pilotanlage nun wieder auf dem Weg nach Karlsruhe. „Die Anlage wird am Campus Nord des KIT in die Infrastruktur des Energy Labs 2.0 eingebunden. Ein Ziel ist es, die Waben-Methanisierung weiter zu verbessern und die Katalysatoren unter anderem für den Einsatz in erheblich größeren Anlagen zu optimieren“, sagt Siegfried Bajohr, der für die wissenschaftliche Betreuung der Pilotanlage verantwortlich ist.