Intensive Beweidung führt auf Kleegraswiesen über den ganzen Sommer hinweg zur Blüte von Weißklee, sodass dieser durchgängig als Nahrungsressource für blütenbesuchende Bienen zur Verfügung steht. Als Blütenbesucher wurden in dieser Studie fast ausschließlich Hummeln und kaum andere Wildbienenarten beobachtet. Während auf den beweideten Flächen überwiegend kurzrüsselige Hummelarten gezählt wurden, wurden auf in Teilen unbeweideten Kleegrasflächen mehr seltene langrüsslige Hummelarten erfasst.
Durch eine weniger intensive Beweidung könnten folglich auch seltenere Arten mit besonderen funktionellen Merkmalen gefördert werden. Auf konventionell genutzten Grünlandflächen zur Silageerzeugung hat das Forschungsteam hingegen keinerlei Blüten und somit auch keine Wildbienen gefunden.
Das Insektensterben, insbesondere der Wildbienen, zu denen auch Hummeln zählen, wird in der breiten Öffentlichkeit diskutiert und Maßnahmen wie Bienenhotels und Wildblumenflächen im privaten und öffentlichen Bereich sollen urbane und ländliche Räume insektenfreundlicher gestalten. Dennoch ist der Artenschwund bis jetzt nicht gestoppt.
Durch das Insektensterben ist auch die Landwirtschaft unmittelbar betroffen, da Wildbienen wie z. B. Hummeln durch ihre Bestäuberleistung zur Steigerung der Erträge vieler Kulturarten beitragen. „Die Aufwertung von Agrarlandschaften ist ein Schlüsselfaktor, um dem Rückgang der Insekten entgegenzuwirken“, sagt Professor Tim Diekötter, von der Abteilung Landschaftsökologie an der CAU. Landwirtinnen und Landwirte könnten beispielsweise artenreiche Blühstreifen am Rand ihrer Felder anlegen, um Wildbienen Nahrungsressourcen anzubieten. Darüber hinaus ist die Erhöhung des Anteils naturnaher Flächen Diekötter wichtig.
„Dennoch bleibt ein großer Flächenanteil, der landwirtschaftlich intensiv genutzt wird und wenig Ressourcen und Lebensraum für Wildbienen bietet.“
Was kann also getan werden, um diese intensiv genutzten Flächenanteile im Sinne der Biodiversitätsförderung bei gleichzeitiger landwirtschaftlicher Erzeugung nachhaltiger zu gestalten? Die Forschenden Henriette Beye und Katharina Lange der CAU (Abteilung Grünland und Futterbau/Ökologischer Landbau – Professor Friedhelm Taube, Abteilung Landschaftsökologie – Professor Tim Diekötter) haben auf dem Versuchsgut Lindhof Wildbienen auf Kleegrasweiden erfasst. Henriette Beye hat die Erhebungen im Rahmen ihrer Doktorarbeit durchgeführt und veröffentlicht. Für das Projekt „Öko-effiziente Weidemilcherzeugung“ wurden auf dem Lindhof artenreiche Kleegrasweiden untersucht, die neben dem typischen Weidelgras noch Klee- und Kräuterarten umfassen.
Im Sommer, wenn es auf den Flächen blüht, hat Henriette Beye in Zusammenarbeit mit der Studentin Katharina Lange mehrmals in definierten zeitlichen Abständen mit einem Kescher Wildbienen auf den Weideflächen gefangen und im Labor auf Artniveau bestimmt. Außerdem wurden Blühflächen mit denselben Artenmischungen angelegt, die nicht beweidet wurden, um das maximale Potential des Blütenangebots zu ermitteln; zusätzlich wurden konventionell genutzte Grünlandflächen als Vergleichsvarianten untersucht.
Insgesamt waren die in dieser Studie vorkommenden Arten hauptsächlich Generalisten, also häufig vertretene Arten. Um Spezialisten und neben Hummeln auch anderen Wildbienenarten Nahrungsressourcen anzubieten und so stabile und diverse Artengemeinschaften zu unterstützen, sind nach Aussage der Forschenden zusätzlich zum Klee noch morphologisch abweichende Blütenpflanzen notwendig. Diese könnten auf den Kleegrasweiden des Lindhofs etabliert werden.
Aus diesen Ergebnissen folgt, dass Kleegrasweiden mit zusätzlichen Futterkräutern ein Werkzeug darstellen können, um intensiv genutzte Agrarflächen aufzuwerten. „Bisher spielen solche Flächen fast ausschließlich im ökologischen Landbau eine Rolle, aber mit einer entsprechenden Förderung des Anbaus auch für konventionelle Betriebe, gäbe es ein Potential von bis zu 500.000 Hektar in Deutschland“, stellt Professor Friedhelm Taube, wissenschaftlicher Leiter des Lindhofs fest.
Vorherige Studien im Projekt „Öko-effiziente Weidemilcherzeugung Lindhof“ konnten zeigen, dass die Kleegrasmischungen hohe Futter- und Proteinerträge mit reduzierten Treibhausgasemissionen und Stickstoffauswaschungen verbinden. Dadurch haben sie einen positiven Effekt auf die Bodenkohlenstoffspeicherung und das Mikrobiom des Bodens. Gemeinsam mit den positiven Effekten auf Hummeln stellen sie somit ein breites Spektrum an Ökosystemdienstleistungen (Multifunktionalität) in Verbindung mit der Erzeugung hochwertiger Weidemilch bereit.