Der Harz ist eine besonders stark vom Klimawandel betroffene Region in Deutschland: In bisher unvorstellbarem Maße schädigen Sturm, Trockenheit und nachfolgender Borkenkäferbefall den Wald. Meereisforschende vom Alfred-Wegener-Institut unterstützen die Quantifizierung der Schäden und den Erfolg von Aufforstungsmaßnahmen jetzt aus der Luft. Für notwendige Gerätetests für eine bevorstehende Arktiskampagne fliegen sie über den Harz und erproben dort ihre hochauflösenden Kamerasysteme.
Den Zustand des dünner werdenden Packeises in den Regionen nördlich von Grönland und Kanada sowie in der zentralen Arktis messen die Forschungsflugzeuge Polar 5 und Polar 6 im Frühjahr und Spätsommer jedes Jahr im Rahmen der IceBird-Kampagnen. Dafür setzt das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) gemeinsam mit Partnerinstitutionen Messgeräte auf dem neuesten Stand der Technik ein. Im Vorfeld einer solchen Kampagne muss das Forschungsflugzeug vom Typ Basler BT-67, das den extremen Umweltbedingungen der Polargebiete gewachsen ist, mit der benötigten Sensorik ausgestattet werden. Die Einrüstungsarbeiten finden am Flughafen Bremen statt, wo das AWI einen Hangar nutzt.
„Nach dem Einbau folgen Testflüge über der Nordsee, um sicherzustellen, dass alles reibungslos funktioniert, denn in den entlegenen Gebieten der Arktis sind technische Probleme teils nur schwer zu beheben und können den Erfolg von Messkampagnen riskieren“, berichtet Dr. Thomas Krumpen, AWI-Meereisforscher und Leiter der Kampagnen. „Neben den Tests sind auch Schulungen der Mitwirkenden notwendig. Die ständig wechselnden Sensoren, die im Flugzeug verbaut werden, sind anspruchsvoll in der Bedienung, und in der Arktis muss jeder Handgriff sitzen. Um die Handhabung zu trainieren, finden separate Trainingsflüge statt.“
Einen solchen Trainingsflug nutzt Thomas Krumpen jetzt für eine aus Sicht des Polarforschers ungewöhnliche Anwendung: In enger Kooperation mit den Niedersächsischen Landesforsten (NLF), dem Institut für Optische Sensorsysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin und der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA, Göttingen) wurden nun im Rahmen dieser Trainingsflüge vom Klimawandel besonders stark betroffene Waldflächen im Harz überflogen und hochauflösend vermessen.
Die Idee, Trainings- und Testzeiten für die Unterstützung regionaler Forschungsprojekte zu nutzen, entstand zwischen zwei Kollegen: Dem Revierförster Gunnar Kanzenbach, der in der Revierförsterei Hallah nahe Bremen tätig ist, und Thomas Krumpen, der selbst in erster Ausbildung diplomierter Forstwirt ist. Gunnar Kanzenbach vermittelte die Kontakte zu seinen Kolleginnen und Kollegen im Forstplanungsamt der Niedersächsischen Landesforsten.
Der Harz ist eine besonders stark vom Klimawandel betroffene Region in Deutschland. Hier haben Sturm, Trockenheit und nachfolgender Borkenkäferbefall den Wald in bisher unvorstellbarem Maße geschädigt. Zwar lassen sich Schadentwicklung durch den starken Borkenkäferbefall und das daraus folgende Absterben der Fichten über automatisierte Satellitenbildauswertungen quantifizieren, die Genauigkeit solcher Methoden kann aber nur mittels hochaufgelöster Befliegungen aus der Luft und Vermessungen am Boden überprüft werden.
Zum Einsatz kamen am 13. Juli, dem Tag des rund sechsstündigen Messfluges, unter anderem eine spezielle Kamera des DLR namens MACS, die hochaufgelöste optische Einblicke über den Waldzustand ermöglicht. Zudem vermessen Laser-Systeme des Alfred-Wegener-Instituts an Bord des Polarflugzeugs den Wald dreidimensional. Die Daten können für die Forstinventur und die Biomassen- und Kohlenstoffhaushaltabschätzung genutzt werden. Auch sollen die im Rahmen der Befliegung gesammelten Informationen laut Wolf Kleinschmit eine Grundlage für neue Entwicklungen im Bereich der Waldinventur und Baumartenerkennung liefern. Der Leiter des Niedersächsischen Forstplanungsamts sagt:
„Anhand der erhobenen Daten lassen sich Baumarten und ihre Schädigungsgrade herleiten und überprüfen, wie zuverlässig die automatisierte Auswertung von Satellitenfotos ist. Zusammen mit den ebenfalls abzuleitenden lokalen Bodenverhältnissen zeigen uns die Daten den Erfolg der Wiederbewaldung und helfen uns hierdurch auch bei der weiteren Entwicklung klimastabiler, resilienter Mischwälder.“
Die Forstfachleute werden die Aufnahmen in den kommenden Wochen auswerten. Beide Seiten streben an, die Kooperation längerfristig aufrechtzuerhalten und so die notwendigen Trainingsflüge nachhaltig zu nutzen, um Daten über dem Harz zu erheben. Mit den erfolgreichen Tests ist das Meereis-Team um Thomas Krumpen jetzt startklar für die fünfwöchige Sommer-IceBird-Kampagne, zu der die Forschenden am 20. Juli aufbrechen werden.