Ukrainekrieg und Preissteigerungen werden als stärkste Bedrohungen wahrgenommen

Ukrainische Flagge Pixabay/jorono 1037 Bilder

Die Mehrheit der Deutschen sieht sich durch die aktuellen Krisen in ihrer Sicherheit bedroht: Über 78 Prozent der Befragten des aktuellen „Politikpanels Deutschland“ der Universität Freiburg betrachten den Ukraine-Krieg als bedrohlich oder sehr bedrohlich. Der Krieg im Osten Europas überlagert damit alle andere Probleme. Auf Platz zwei liegt die Angst vor Inflation und steigenden Preisen (72 Prozent). Von den Teilnehmern der Online-Befragung empfinden 65 Prozent der Befragten die Klimakrise als eher oder sehr bedrohlich.

Für die Umfrage des Politikpanel Deutschland haben die Freiburger Politikwissenschaftler Prof. Dr. Uwe Wagschal und Dr. Sebastian Jäckle in Zusammenarbeit mit Dr. James Kenneth Timmis vom Universitätsklinikum Freiburg mehr als 8.000 Personen aus ganz Deutschland zu politischen und gesellschaftlichen Themen befragt. Das lange beherrschende Corona-Thema liegt bei der aktuellen Umfrage noch hinter dem Thema Staatsverschuldung nur noch auf Platz fünf der bedrohlichen Krisen, lediglich 29,6 Prozent der Befragten sehen hier noch eine große Bedrohung.

Deutliche Unterschiede nach Parteipräferenz

Dabei unterscheiden sich die Befragten je nach Wahlabsicht zum Teil deutlich in ihrer Bedrohungswahrnehmung: So wird der Ukraine-Krieg nur von 47 Prozent der AfD-Anhängern als bedrohlich oder sehr bedrohlich genannt, wohingegen mehr als 80 Prozent der Unions-, SPD- und Grünen-Anhänger dies so sehen. Auch bei der Klima-Krise ist die Wahrnehmung der Bedrohung extrem unterschiedlich ausgeprägt: 48 Prozent der AfD-Anhängern sehen die Klima-Krise als gar nicht bedrohlich, bei den Grünen-Anhängern*innen sind dies nur 0,25 Prozent.

Gesellschaft bei vielen Fragen gespalten

Ein Schwerpunkt der aktuellen Politikpanel-Umfrage ist die Spaltung der Gesellschaft. Über 80 Prozent der Befragten sehen die Gesellschaft bei der Einkommens- und Vermögensverteilung als ziemlich stark beziehungsweise sehr stark gespalten an. Beim Thema Gendern sehen knapp 70 Prozent eine solch starke Spaltung. „Offensichtlich sind in der Gesellschaft starke Unterschiede bei den Werte- und Normeneinstellungen zu beobachten“, erklärt Jäckle.

Faktenübersicht:
• Das Politikpanel Deutschland ist eine Umfrage des Seminars für Wissenschaftliche Politik der Universität Freiburg. Seit der Bundestagswahl 2017 findet es in unregelmäßigen Abständen statt.
• Die aktuellen Ergebnisse können abgerufen werden unter www.politikpanel.uni-freiburg.de .
• Für die aktuelle Umfrage wurden mehr als 8.000 Personen aus ganz Deutschland online zu politischen und gesellschaftlichen Themen befragt. Die Befragung lief vom 30. Juni bis zum 17. Juli 2022. Die Daten der Teilnehmenden wurden anhand der soziodemographischen Merkmale Alter, Geschlecht, Bundesland und Wahlabsicht gewichtet und somit an die reale Verteilung in der Bevölkerung angepasst.
• Prof. Dr. Uwe Wagschal ist Professor für Vergleichende Regierungslehre am Seminar für Wissenschaftliche Politik der Universität Freiburg. Dr. Sebastian Jäckle ist dort Akademischer Rat. Dr. James Kenneth Timmis ist Mitarbeiter des Universitätsklinikums Freiburg.

Das gelte auch in Bezug auf eine so genannte Cancel Culture, also die Tendenz, andere Menschen aufgrund ihrer Ansichten und Einstellungen zu blockieren und von Veranstaltungen auszuschließen: Hier sieht ebenfalls eine Mehrheit die Gesellschaft als gespalten an, gleichzeitig ist dieser Begriff fast 30 Prozent der Befragten nicht bekannt oder sie haben keine Meinung hierzu. Die geringste Spaltung wird zwischen Ost- und Westdeutschland gesehen, nur etwas über 30 Prozent der Befragten sehen hier eine starke Spaltung.

Deutsche wollen Dienstpflicht – vor allem die Älteren

Das kürzlich von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aufgebrachte Thema einer allgemeinen Dienstpflicht stößt in der Bevölkerung überwiegend auf Zustimmung. Befragte über 30 Jahre befürworten eine solche Dienstpflicht zu 60 bis 70 Prozent, am stärksten ist die Zustimmung bei Befragten über 60 Jahre. Die jüngste Gruppe der 18- bis 30-Jährigen lehnt eine Dienstpflicht hingegen mehrheitlich ab, obwohl auch hier etwa 42 Prozent ihr positiv gegenüberstehen.

So gut wie keinen Unterschied zwischen den Altersgruppen gibt es bei der Frage, ob die Gesellschaft auf freiwilliges Engagement der Bevölkerung angewiesen ist: Etwa 85 Prozent stimmen dieser Aussage eher oder voll und ganz zu. Die große Mehrheit derjenigen, die in der Vergangenheit einen Dienst abgeleistet haben (zum Beispiel Wehrdienst oder Zivildienst), haben diesen als gute und sinnvolle Erfahrung in Erinnerung.