Die Züchtung neuer Weizen- und Roggensorten in den vergangenen drei Dekaden hat die Treibhausgasemissionen um bis zu 23 Prozent reduziert. Das belegt eine Studie des JKI mit Uni Hohenheim und Bundessortenamt, die erstmals den Beitrag der Sortenzüchtung zum Klimaschutz quantifiziert.
Die Landwirtschaft verursacht rund acht Prozent der Treibhausgas-Emissionen in Deutschland und trägt somit zum Klimawandel bei. Zugleich leidet die Landwirtschaft jedoch selbst mit am stärksten unter den negativen Auswirkungen klimatischer Veränderungen und hat per se ein Interesse, zum Klimaschutz beizutragen. Um diesen Beitrag zu einer klimaschonenderen Nahrungsmittelproduktion zu beziffern, lohnt ein Blick auf die gesamte pflanzliche Produktionskette, inklusive der Züchtung klimaeffizienter Sorten. Forschende des Julius Kühn-Instituts (JKI) haben daher gemeinsam mit Partnern des Bundessortenamts und der Universität Hohenheim erstmals den Beitrag des Züchtungsfortschritts bei Roggen und Weizen zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks über mehr als 30 Jahre quantifiziert.
„Im Vergleich zu den Sorten, die in den 1980er Jahren auf den Markt kamen, weisen die heutigen Weizen- und Roggensorten einen um 13 bis 23 Prozent niedrigeren CO2-Fußabdruck auf“, berichtet Ludwig Riedesel vom JKI. Der Erstautor arbeitet am JKI-Fachinstitut für Strategien und Folgenabschätzung in Kleinmachnow. Durch die Züchtung pilzresistenter Sorten seien die CO2-Emissionen besonders stark in den Anbauvarianten ohne Einsatz von Fungiziden gesunken.
„Der Beitrag der Pflanzenzüchtung zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität und zur globalen Ernährungssicherung ist in zahlreichen Studien belegt. Inwieweit der Züchtungsfortschritt jedoch auch geholfen hat, die Klimawirkung der Landwirtschaft zu reduzieren, war bisher so nicht untersucht worden“, weist Dr. Til Feike von der JKI-Stabsstelle Klima auf die Besonderheit der Studie hin.
Aufbauend auf einem umfangreichen Sortenversuchsdatensatz, der im Falle von Weizen 27.652 und beim Roggen 10.523 Kombinationen aus Sorte (Genotyp), Umweltbedingungen und Anbaumaßnahmen (Management) enthielt, wurde dies mittels Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment; LCA) und gemischter Modelle untersucht. Das Ergebnis: Aufgrund gestiegener Erntemengen und damit verbundener höherer Ernterückstände und Lachgasemissionen sind die Treibhausgas-Emissionen je Hektar zwar über die Jahrzehnte leicht gestiegen, jedoch wird dies durch die steigenden Hektarerträge mehr als ausgeglichen, was letztlich zu geringeren Emissionen je Kilogramm Getreide und somit zum verbesserten CO2-Fußabdruck führt, so das Fazit des Autorenkollektivs.
Dr. Bernd Hackauf, Züchtungsforscher am JKI-Standort Groß Lüsewitz, freut sich besonders über das gute Abschneiden des Roggens: „In unserer Studie konnten wir für Roggen im Vergleich zu Weizen um ca. 20 Prozent geringere Treibhausgas-Emissionen je Hektar und einen um ca. 8 Prozent geringeren CO2-Fußabdruck nachweisen.“ Damit könnte eine Ausweitung des Roggenanbaus einen Beitrag zum Klimaschutz und für eine nachhaltige Getreideproduktion leisten, so der Wissenschaftler.
Die Studie belegt die erfolgreiche Arbeit der Züchterinnen und Züchter auf der einen und des Bundessortenamts auf der anderen Seite. Durch Züchtung, Anmeldung, Wertprüfung und Zulassung kontinuierlich verbesserter Getreidesorten über die vergangenen Jahrzehnte wurde ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet. „Die landwirtschaftlichen Betriebe nehmen verbesserte Sorten von sich aus in ihr Produktionsportfolio auf, ohne dass extra durch die Politik aus Steuergeldern finanzierte Anreize geschaffen werden müssen“, sagt Dr. Feike. Anders als bei anderen Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft entstünden folglich keine volkswirtschaftlichen Kosten. Das mache die Züchtung neuer Sorten mit niedrigerem CO2-Fußabdruck zu einer sehr effektiven Klimaschutzmaßnahme.