Mit der Ankündigung auf der COP27 durch den österreichischen Bundespräsidenten sowie Finanzminister die Mittel für die internationale Klimafinanzierung deutlich zu erhöhen kommt Österreich als Hochemissionsland einem Teil einem Teil seiner Verantwortung nach, Niedrigemissionsländern bei deren sozial-ökologischem Umbau und der Anpassung an die bisherigen Klimaschäden zu unterstützen. Wollen wir auf dem +1,5°C-Kurs bleiben, müssen die globalen Treibhausgas(THG)-Emissionen rasant gesenkt werden, steuern wir doch derzeit auf +2,8°C zu, was deutlich größere Schäden und Verluste zur Folge hätte. Ein Blick auf das verbleibende nationale THG-Budget – also die Menge an THG, die Österreich noch in die Atmosphäre einbringen darf, um adäquat dazu beizutragen das +1,5°C-Ziel einzuhalten – untermauert die Dringlichkeit der zeitnahen systematischen Umsetzung von wirkungsvollen Klimaschutzmaßnahmen.
„Zur Einhaltung der +1,5°C-Grenze ist es erforderlich, dass Klimaneutralität erreicht wird und die Emissionen bis dahin das verfügbare THG-Budget nicht übersteigen. Dieses lässt sich für die Welt, aber auch für Europa und für Österreich berechnen. Europa spielt historisch als Vorreiter und Vorbild eine entscheidende Rolle. Österreich sollte als Teil davon daher auch beim Klimaschutz ein Vorbild werden und neben der ambitionierten Zielsetzung auch zügig Maßnahmen umsetzen, die eine Einhaltung des uns zustehenden THG-Budgets ermöglichen.“ so Harald Rieder (BOKU), Obmann des CCCA und Mitautor des Papiers.
“So wie Österreich sich im finanziellen Bereich überlegen muss, wie es mit den vorhandenen Mitteln auskommt, so muss es diese Überlegungen auch bei den THG-Emissionen anstellen. Mehr zu emittieren als uns zusteht, bedeutet, dass wir uns bei anderen Ländern und bei nachrückenden Generationen verschulden.” ergänzt Mitautor Thomas Schinko (IIASA).
In dem heute veröffentlichten wissenschaftlichen Hintergrundpapier des Climate Change Centre Austria (CCCA) wird auf Basis der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur dargelegt, wie man aus globalen THG- und CO2-Budgets auf Budgets für Österreich skalieren kann und welche konkreten Obergrenzen sich daraus für Österreich ergeben, um die +1,5°C-Grenze mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten einzuhalten. Gemeinsam mit Klimadashboard.at wurden die Ergebnisse auch auf dieser Plattform visualisiert.
„Je höher die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung sein soll, desto geringer wird das hierfür zur Verfügung stehende THG-Budget. Dass junge Menschen eine höhere Wahrscheinlichkeit als 50% für das Einhalten des +1,5°C-Grenzwertes fordern, ist verständlich. Hier geht es um die Zukunft ganzer Generationen.“ so Karl Steininger (Uni Graz), ebenso Mitautor des Hintergrundpapiers.
“Wir wollen mit diesem in der wissenschaftlichen Community gemeinsam erarbeiteten und begutachteten Papier eine wissenschaftliche Basis für die derzeit politisch diskutierten Klimastrategien schaffen. Der Bund und in späterer Folge auch die Bundesländer sollen wissen, welche Emissionen ihnen theoretisch noch zustehen, um ihre Klimastrategien daran orientieren zu können.” so Claudia Michl, Leiterin der CCCA Geschäftsstelle und Mitautorin des Berichts.
Kernaussagen aus dem Papier
• Wenn wir auf globaler Ebene das +1,5°C-Ziel mit 66% Wahrscheinlichkeit einhalten wollen, beträgt das verbleibende globale CO2-Budget laut IPCC 2018 420 GtCO2 [vgl. Abbildung 1]. Dieses wäre bei konstant bleibenden Emissionen noch in diesem Jahrzehnt aufgebraucht.
• Von dem globalen Wert kann mit unterschiedlichen Ansätzen (z.B. pro Kopf) auf Obergrenzen der nationalen THG-Budgets geschlossen werden. So ergibt sich für Österreich ab 2022 ein verbleibendes CO2-Budget von 240 MtCO2, bezieht man es auf alle THG-Emissionen, 280 MtCO2eq [vgl. Abbildung 1]. Unser nationales THG-Budget wäre bei aktuell gleichbleibenden Emissionen bereits Mitte 2025 aufgebraucht.
• Bei diesen Berechnungen wird angenommen, dass die derzeit bestehenden natürliche THG-Senken (z.B. Wälder, Moore, Boden) auf unverändertem Niveau (global und national) wirksam bleiben. Dafür bedarf es zusätzlicher Anstrengung in Österreich angesichts der derzeitigen Bodenversiegelung, landwirtschaftlichen Praktiken, Vernichtung von Wäldern durch Schädlinge (z.B. Borkenkäfer) und auftretenden Extremereignisse (z.B. Waldbrände).
• Zusätzlich ist die Verteilung des nationalen THG-Budgets auf Bundesländerebene entscheidend, um Ländern und Sektoren Planungssicherheit für ihre THG-Reduktionsmaßnahmen zu ermöglichen. Dies erfordert jedoch weitere Erhebungen und Berechnungen, da eine Ermittlung allein auf Basis produktionsbasierter Emissionsbilanzierung und pro Kopf-Aufteilung für diese Detailebene weder sinnvoll noch aussagekräftig ist.