Teilnehmerrekord am Campus Westerberg der Hochschule Osnabrück: Über 300 Interessierte diskutieren in dieser Woche über die aktuellen Herausforderungen der digitalen Agrar- und Ernährungswirtschaft. Eingeladen hat die Gesellschaft für Informatik in der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft (GIL) in Kooperation mit der Hochschule Osnabrück und dem Agrotech Valley Forum e.V..
„Wir sind überwältigt von der großen Resonanz auf unsere 43. Jahrestagung – sowohl aus dem Bereich der Hochschulen und weiterer Forschungseinrichtungen als auch aus dem Wirtschaftsbereich“, sagt Dr. Christa Hoffmann. Für die 1. Vorsitzende der GIL steht fest: „Die Region Osnabrück hat sich in den letzten Jahren als einer der Hotspots für Agrarsystemtechnik und KI in der Landwirtschaft entwickelt und ist deshalb als Tagungsort für uns ideal.“
In rund 100 Vorträgen und Poster-Vorstellungen geht es um Themen wie Datenmanagement, Robotik, Pflanzenschutz und Sensorik. Dazu runden der Besuch des benachbarten neuen Forschungszentrums Agro-Technicum der Hochschule Osnabrück und ein Diskussionsforum mit Einblicken aus den digitalen Experimentierfeldern aus Deutschland, der Innovation Farm aus Österreich sowie der Swiss Future Farm aus der Schweiz das Programm ab. In allen Beiträgen wird deutlich: Die digitale Agrar- und Ernährungswirtschaft hat mit sehr vielen Herausforderungen von außen zu kämpfen und ist auf der Suche nach innovativen Wegen für morgen.
Pandemie und Krieg fordern digitale Agrar- und Ernährungsbranche heraus
Hoffmann erläutert: „Durch die Corona-Pandemie und den Krieg in Europa haben wir gesehen, wie anfällig unsere globalen Lieferketten sind und was es bedeutet, wenn Produkte plötzlich im Supermarktregal fehlen. Außerdem stellen Cyberangriffen vermutlich tagtäglich die Sicherheit auch unserer Branche auf den Prüfstand.“ Deshalb liege das Hauptaugenmerk der diesjährigen Tagung auf den aktuellen Herausforderungen der Agrarinformatik sowie auf Lösungswegen, um digitale Systeme der Agrar- und Ernährungsbranche zukünftig resilienter, also robuster, nachhaltiger und flexibler gestaltet zu können.
Für Dr. Henning Müller, 1. Vorsitzender des Agrotech Valley Forums e.V. steht fest: „Innovation passiert im persönlichen Austausch miteinander. Für unser großes regionales Netzwerk der Agrarsystemtechnik-Hersteller ist es essentiell, immer wieder neue Impulse zu bekommen – sei es aus der Wissenschaft oder durch den Austausch mit anderen Unternehmen. Nur gemeinsam können wir den Herausforderungen begegnen und neue Lösungswege ausprobieren.“
Diese werden beispielsweise im neuen Forschungszentrum Agro-Technicum der Hochschule Osnabrück getestet.
„Wir haben ein Agrarfeld direkt neben den Laboren mitten auf dem Campus und können innerhalb von Minuten die entwickelte Technik auf dem Feld testen. Um die Technologien resilient zu gestalten, arbeiten wir außerdem sehr interdisziplinär zusammen. So sind beispielsweise von Anfang an neben Praxispartner*innen, wie Landwirt*innen, auch Jurist*innen und Arbeitswissenschaftler*innen an unseren Projekten beteiligt. Dadurch können wir all diese Perspektiven bereits während der Entwicklungsphase berücksichtigen“, so Prof. Dr. Arno Ruckelshausen, Professor der Fakultät Ingenieurwissenschaften und Informatik an der Hochschule Osnabrück.
Auch Dr. Thilo Steckel von Claas E-Systems sieht großen Bedarf, Teams zukünftig fachlich noch vielfältiger aufzustellen: „Interdisziplinäre Zusammenarbeit bekommt einen ganz anderen Stellenwert. Der Austausch mit der GIL, der Hochschule und dem Agrotech Valley ermöglicht es uns, Kontakte zu anderen Disziplinen aufzubauen. Konkret heißt das zum Beispiel, dass wir im Bereich KI eng mit Jurist*innen aus dem Netzwerk zusammenarbeiten, um aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich Recht und KI in die Praxis zu bringen.“
Was braucht es neben interdisziplinärer Zusammenarbeit außerdem, um Agrarsysteme robust, nachhaltig und flexibel zu gestalten und damit die zukünftige Versorgung mit Lebensmitteln zu sichern?
„Die Technik muss auf den Höfen ankommen. Deshalb ist der Ausbau von Weiterbildungsangeboten für Landwirt*innen ein wichtiger Baustein. Nur so können neue Technologien auch wirklich in der Praxis gelebt werden“, meint Müller und führt aus: „Eine Offenheit neuen Technologien gegenüber ist hier essentiell.“ Hoffmann ergänzt: „Wir brauchen dazu sichere Rahmenbedingungen. Wer ist beispielsweise verantwortlich, wenn ein Roboter im Fall der Fälle vom Feld auf die Straße fährt?“ Für Ruckelshausen steht fest: „Es braucht die Kooperation der Menschen. Wir müssen gemeinsam mit Landwirt*innen vorangehen, damit alle den Nutzen neuer Systeme sehen. Nur wenn wir alle von Anfang an mitnehmen, kann der Transfer neuer, sichererer und nachhaltiger Systeme in die Praxis gelingen.“